piwik no script img

NRW kauft neue Steuer-CDStreit um Steuerabkommen wird heftiger

Laut einem Zeitungsbericht hat NRW erneut eine Daten-CD aus der Schweiz erworben. Der zuständige Finanzminister reagiert ausweichend und stärkt den Fahndern den Rücken.

Auf der anscheinend vom Land Nordrhein-Westfalen gekauften Steuer-CD sollen 1.000 Namen von vermögenden Deutschen enthalten sein. Bild: dpa

BERLIN taz/rtr | Zwischen der Schweiz und Deutschland droht neuer Ärger: Das Land Nordrhein-Westfalen soll eine weitere Steuer-CD gekauft haben, die Schweizer Bankdaten von etwa 1.000 vermögenden Deutschen enthält. Angeblich betrug der Kaufpreis 3,5 Millionen Euro, wie der Spiegel und die Financial Times Deutschland berichten. Zudem werde der Ankauf von zwei weiteren CDs geprüft.

Die schon erworbene Steuer-CD soll Daten der Privatbank Coutts in Zürich enthalten, die eine Tochter der Royal Bank of Scotland ist. Coutts erklärte jedoch, es gebe keine Hinweise, dass Kundendaten nach außen gelangt seien. Es liegt allerdings nahe, bei Coutts Schwarzgeld zu vermuten: Auf der Bank-Homepage heißt es, man beherrsche die „neuesten Strategien zur Optimierung der Steuereffizienz“.

Das Schweizer Staatssekretariat für internationale Finanzfragen wollte die Berichte nicht bestätigen. „Wir haben keine Anzeichen, dass dies stimmt“, sagte ein Sprecher. Das deutsche Finanzministerium wiederum beeilte sich zu versichern, man sei in den Ankauf „nicht eingebunden“.

Steuerdaten

Was Banker ärgert und deutsche Finanzbeamte freut: Seit Jahren bieten ehemalige Angestellte ausländischer Geldhäuser den Steuerbehörden illegal gesammelte Listen mit den Namen und Daten deutscher Bankkunden an - und verlangen dafür sehr viel Geld.

Im Jahr 2006 kauften deutsche Finanzverwaltungen CDs aus Liechtenstein für 4,6 Millionen Euro. Ins Visier gerieten 800 Deutsche, die ihr Geld bei der Vaduzer LGT Treuhand angelegt hatten.

Im März 2010 soll Nordrhein-Westfalen Daten von tausend Kunden der Credit Suisse gekauft haben. Kosten: 2,5 Millionen Euro.

Im Juni 2010 soll der Bund gemeinsam mit Niedersachsen eine CD von Steuersündern in der Schweiz gekauft haben - für rund 185.000 Euro.

Im Oktober 2010 soll NRW erneut eine CD für 1,4 Millionen Euro gekauft haben, diesmal mit Informationen über Kunden der Schweizer Bank Julius Bär. Die Bank zahlt 50 Millionen Euro an deutsche Behörden, damit sie nicht weiterermitteln.

Im Oktober 2011 kauft NRW eine CD mit Daten von rund 3.000 mutmaßlichen Steuersündern in Luxemburg.

Insgesamt sollen durch den Ankauf der CDs inzwischen deutlich über eine Milliarde Euro in die Staatskassen gespült worden sein. (Quelle: FTD/taz)

Auch aus Nordrhein-Westfalen gab es keine direkte Bestätigung, dass eine CD gekauft wurde. Allerdings äußerte sich Finanzminister Norbert Walter-Borjans (SPD) wohlwollend: „Erkenntnisse aus dem Ankauf von CDs“ seien nötig, „um Steuerhinterziehungen in gewaltigem Ausmaß auf die Spur zu kommen.“

Dieser Kommentar erregte Empörung in der Schweiz. Die dortige Bankiersvereinigung verlangte, dass Deutschland die CD-Käufe unterbindet: „Sie sind illegal.“ Drastisch äußerte sich auch Urs Schwaller von der Christdemokratischen Volkspartei: „Ich habe absolut kein Verständnis dafür, wenn sich ein Staat als Hehler betätigt.“

Es wird geschätzt, dass deutsche Anleger zwischen 130 und 180 Milliarden Euro illegal in die Schweiz geschafft haben. Im vergangenen September hat Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) daher ein Steuerabkommen mit der Schweiz unterzeichnet, das dieses Fluchtgeld legalisieren soll. Die Vereinbarung sieht vor, dass die Vermögen mit Sätzen zwischen 21 und 41 Prozent rückwirkend versteuert werden. Die Konteninhaber bleiben allerdings anonym. Für die Zukunft soll dann mindestens die deutsche Kapitalertragssteuer von 25 Prozent gelten.

Dieses Steuerabkommen schließt nicht ausdrücklich aus, dass weitere Steuer-CDs erworben werden. Allerdings würden diese Kaufaktionen unattraktiv für den Fiskus, weil keine zusätzlichen Einnahmen mehr zu erwarten wären.

Das Steuerabkommen ist noch nicht ratifiziert, weil Grüne und SPD es im Bundesrat blockieren. Einer der Kritikpunkte ist, dass die Steuerbetrüger anonym bleiben. Denn die USA haben längst erreicht, dass die Schweiz die Namen amerikanischer Kontoinhaber nennt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

13 Kommentare

 / 
  • DD
    Dietmar Degenhardt

    Alle Kommentare der Politiker sind Blabla, denn alles lief legal ab - und war auch legitim:

    1) Das Bundesverfassungsgericht hat die Rechtmässigkeit solcher Ankäufe festgestellt.

    2) Die "Rendite" solcher Ankäufe sind hoch dreistellig, der Ertrag von mehreren hundert Mio Euro ausserordentlich. Ergo muss eine Finanzverwaltung Ankäufe tätigen.

    3) Deutschland hat das Abkommen mit der Schweiz noch nicht ratifiziert, weil noch die Zustimmung der Länder fehlt. Ergo: Das Gesetz ist noch nicht in Kraft.

    4) Als NRW-Bürger ist mit ein CD-Ankauf und nachher mehrere hundert Mio Strafzahlungen tausend Mal lieber, als Studiengebühren. Die hat NRW abgschafft. Ist doch ok so ....

  • AJ
    Andreas J

    Immer feste drauf. Das sind die Leute die von der Kriese profitiert haben.

  • G
    goldschäufele

    Wer sich dafür interessiert, was im Bereich tatsächlich nachgewiesener Wirtschaftskriminalität in Deutschland so los ist, der lese hier nach www.wistra-online.com/wistra/newsUebersicht/seite/1

     

    Wer sich hingegen darüber wundert, warum auch aus ehemals SPD-regierten Bundesländern der massive Schwarzgeldzufluß in die Schweiz, Österreich etc. nicht abreißt, der frage Herrn Eichel, Steinbrück, Waigel, Söder, Schäuble off the records.

     

    In diesen stets gut unterrichteten Kreisen hatte man nie die wirkliche Absicht, wachstumsfähige Kapitalien in Deutschland mit simplen ertrags-steuerbürokratischen Forderungen zu belästigen. Deren Hauptniederlassungen hätten ja nach Irland migrieren können. Das taten sie allerdings auch so und zahlen dort max. 11% Ertragssteuern; jetzt in der irischen Finanzkrise auch mit diversen Kickbacks. Man mag das Korruption nennen. Politiker finden dafür immer ganz harmlose Verbrämungen. Darin sind sie kreativ.

    Nun halten sich - wie gehabt - die deutschen Föderalfinanzfuzzis wieder an den millionenfachen gläubigen Steuermichel, dem solche Schachzüge zu kompliziert waren. In §1 der Abgabenordnung heißt es zutreffend: "Der Ehrliche weil Unangepasste in einem vollkorrumpierten Staat ist immer der Dumme. Wer glaubt und wählt - zahlt, immer und überall."

     

    Ich denke, man muß sich einfach von der grundfalschen Vorstellung lösen, dass der formal begründete Staat nicht gleichsam integraler Bestandteil der Wirtschaftskriminalität wäre. Der Staat impliziert nur abstrakte Normen, jedoch keine Moral. Sein Handeln ist absehbar und kalkulierbar. Warum sollte nicht auch seine konsequente Umgehung durch Wirtschaftsunternehmen kalkulierbar sein ? Alles eine Frage des Aufwands und des strategischen Ansatzes. Der jeweilige Staat mit seinen kastenbezogenen Eigeninteressen ist nur eine Schachfigur im grossen anarchisch-dynamischen Netz der Kapitalkräfte.

    Wer, wie die Föderalfinanzfuzzis, eine Pfütze in die Wüste pinkelt und dann aber paragraphenwedelnd behauptet, den unkontrollierten Grenzübertritt entscheidender Kapitalmassen endgültig verhindert zu haben, braucht sich über effizient-kreative Reaktionen der Finanzwelt nicht zu wundern.

  • SB
    Schweizer Banker

    Unglaublich, was sich NRW da leistet. Der Kauf von Daten-CDs war eindeutig verboten war gemäss Abkommen mit der Schweiz. Dabei könnten die Daten doch auch auf einem USB-Stick transferiert werden.

  • Z
    Zeus35

    “ Auf Daten-CDs könne nicht verzichtet werden, da sie „zu den wirksamsten Instrumenten der Steuerfahndung“ gehörten."

     

    Ha.Ha.Haaaa, selten so gelacht. Der Ankauf von Daten-CD´s belegt nur eins, und zwar die totale Inkompetenz deutscher Finanzbehörden hinter die finanziellen Machenschaften von Firmen und vermögenden Personen mit ihren Helfershelfern zu schauen.

     

    Denn das "wirksamste Instrument" ist der Betriebsprüfer und Steuerfahnder, und keine Daten-Cd´s.

    Aber das soll der geneigte Bürger nicht wissen, dass nämlich Betriebsprüfer reihenweise entlassen oder zwangspensioniert werden sobald sie einen der großen Hinterzieher aufs Korn nehmen, ganz genau, die Banken.

     

    Anstatt die FA mit Betriebsprüfern auszustatten und dem Staat die Steuern zu holen die ihm zustehen, macht man es nach bewährter Manier, lass die Großen laufen und hänge die Kleinen.

     

    Einmal in dem man medienwirksam eine Daten-CD kauft und auf panische Selbstanzeigen hofft, und noch bequemer vom Büro aus in dem das "mutige" FA Privatleute bei Ebay hetzt, und schon regelmäßig Gewerbe unterstellt wenn man nur seine alte Babyausstattung verkauft.

     

    Ihr seid so feige und korrupt, fallt alle tot um.

  • Y
    yberg

    die royal bank of sccotland ist zwischenzeitlich zu über 80 % im staatsbesitz.

     

    schön zu sehen,daß die englische regierung bei ihren bankbeteiligungen genausowenig unternimmt wie die deutsche.in deutschland sind es die landesbanken,die commerz etc. die beihilfe zur geldwäsche und steuerhinterziehung mit ihren auslandsvehikeln leisten.

     

    der großzügige umgang mit steurkriminellen,ermuntert viele andere ihnen nachzueifern und führt in vielen branchen zu wettbewerbsverzerrungen.

     

    warum haben wir nicht schon lange amerikanische steuerverhältnisse mit wohnortunabhängiger steuerpflicht deutscher staatsbürger in deutschland und der rigiden verfolgung von steuerkriminellen.

     

    es ist lächerlich das tausendjährige reich im 20 jhdt. immer wieder zur entschuldigung heranzuziehen.

     

    in amerika gibts für tipgeber in sachen steuerkriminalität sogar bis zu 30 % der hinterzogenen und dann beigetriebenen steuerschuld.

     

    warum schützen unsere politeliten kriminelle und lassen die polizei jeden strauchdieb verfolgen und von der justitz dachteln

     

    für mich ein ewiges rätsel.

  • C
    cyctologie

    wäre die FDP ihrem job so nach gekommen wie frau leutheusser ihn (richtig) verstanden hat das heißt: bürger und menschenrechte auch für Hartz4 empfänger; dann würde man sich sicher auch mehr um das bankgeheimnis scheren und die bespitzelung von reichen wäre ebenfalls illegal.

     

    eine verfassung kann man eben nicht an der einen stelle mit füßen treten ohne das man ihr insgesamt schaden zufügt.

     

    auf in den überwachungsstaat!

    ist ein bürgergeld nicht erst dann wirklich fair, wenn ich alles erstmal abliefere und dann ein (ganz) wenig zurückbekomme?

    und vor allem: warnschussarrest für schulschwänzer!!!

  • TB
    Tom Brennan

    Ich fände es nicht uncharmant, wenn die Schweiz à la Mossad sich dieser arroganten deutschen Schreibtischtäter bemächtigte und ihnen in der Schweiz einen Prozess machte, der sich gewaschen hätte. Das Gejaule des deutschen Gerechtigkeitsmobs, der gierig nach dem Geld der Wohlhabenden und Erfolg-Reichen schielt, wäre mir ein innerer Reichsparteitag (der SPD natürlich, nicht der NSDAP).

     

    Diese mafiose deutsche Totalitarismus muss gestoppt werden, demnächst treib der Shitstorm die Beamten noch dahin, den Leuten gleich wieder die Türe einzutreten, weil man ja "Gerechtigkeit" walten lassen wolle, vorbeugend...

  • G
    Groschen

    alleine für diesen Coup sollte Schäuble zum Amtsarzt geschickt werden.

    G.

  • W
    Woleu

    Es ist sicher legitim nach nach Steuerhintergehern zu fahnden ,nicht legitim ist es aber nach dem Motto :"

    Der Zweck heiligt die Mittel" vorzugehen und Steuer-

    sünder belastende CDs wiederum aus Steuermittel aufzukaufen, was die Mehrheit der Finanzminister

    in Deutschland für rechtswidrig hält. "Geld stinkt

    halt nicht",oder ?

    Ein wenig moralisches und rechtlich einwandtfreies Handeln täte gerade auch dieser betroffenen Regierung gut.

    Die gesamte Problematik in dieser Sache würde gegen-

    standslos und hinfällig sein,wenn endlich Steuersätze in Deutschland festgesetzt würden,die den in Europa vorzufindenden Mindeststeuersätzen

    entsprächen.Die Steuersätze sind in Deutschland

    immer noch allgemein zu hoch, wovon ein jeder ein Lied zu singen weiss.

     

    Wolf Woleu

  • V
    vic

    Keine Straffreiheit für Steuerkiminelle, Steuersatz für hinterzogenes Vermögen mindstens 50%- plus Strafzahlung.

    Abkommen ok, aber dann so eins.

  • A
    aurorua

    Diese Abkommen von Vollversager Schäuble ist das Papier nicht wert.

    SOZIAL und STEUERBETRÜGER haben viel zu lange Zeit ihre Vermögen anderweitig unterzubringen und bereits jetzt beraten schweizer Finanzjongleure Interessenten wie man dieses Abkommen mühelos umgehen kann.

  • B
    Brandeis

    Und ein neues Verbrechen, das dieser Staat begeht. Aber der Zweck heiligt ja wieder die Mittel.