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NRW-CDU will keine Reformen

■ Parteitag der nordrhein-westfälischen CDU lehnte Mitgliederbeteiligung ab

Münster (taz) – Die Führung der nordrhein-westfälischen CDU ist bei der Durchsetzung einer tiefgreifenden Parteireform in wesentlichen Punkten am Widerstand der Delegierten gescheitert. Auf einem Sonderparteitag am Samstag in Münster brachte eine Mehrheit der Delegierten eine Regelung über die Abschaffung des Delegiertenprinzips zugunsten von Mitgliederentscheidungen zu Fall und verhinderte den Antrag, Mandatsträger aus den Aufsichtsräten kommunaler und staatlicher Unternehmen zurückzuziehen.

Nach stundenlangen Debatten und Antragsberatungen wurde sich nur darauf geeinigt, daß es künftig den Kreisverbänden freigestellt sei, ob sie bei wichtigen Personal- und Sachentscheidungen das Delegiertenprinzip zugunsten der Mitgliederbefragung aufgeben wollen. Zuvor hatte der CDU-Landesvorsitzende Norbert Blüm zur Unterstützung eines Antrages der JU aufgerufen, die Mitgliederentscheidung als „durchgängiges Strukturprinzip“ der NRW-CDU einzuführen. Die Parteimitglieder seien „nicht nur zum Beitragszahlen und Plakatekleben“ da. Zugleich plädierte Blüm dafür, den CDU-Spitzenkandidaten zur kommenden NRW- Landtagswahl im Jahre 1995 per Urwahl an der Basis zu ermitteln.

Blüms leidenschaftlicher Appell („Wer sich dem Morgen nicht öffnet, gehört bald zu den Vorgestrigen“) verhallte folgenlos in der Münsterlandhalle. Nicht einmal 20 Prozent der Delegierten stimmten dem Antrag des CDU-Nachwuchses zu. Ebenso wurde der Antrag, den CDU-Spitzenkandidaten für die kommende Landtagswahl per Briefwahl an der Parteibasis zu ermitteln, abgeschmettert. Enttäuscht reagierte der JU-Landesvorsitzende Norbert Röttgen: Die NRW-CDU habe die „Chance für die Entwicklung von einer Gremien- zur Bürgerpartei verpaßt“.

Eine weitere, völlig unerwartete Niederlage mußten Blüm und dessen Generalsekretär Herbert Reul, der die Parteireform maßgeblich initiiert hatte, bei der sogenannten „Schnuppermitgliedschaft“ hinnehmen. Über sechzig Prozent der Delegierten lehnten einen einjährigen Gaststatus für interessierte Bürger in der CDU, der ihnen eine Mitsprache in Sachfragen ermöglichen sollte, entschieden ab. „Ein bißchen CDU-Mitglied geht genausowenig wie ein bißchen schwanger“, sagte ein Delegierter unter dem tosenden Beifall der Parteitagsmehrheit. Norbert Blüm konterte: „Ein bißchen Offenheit geht auch nicht. Entweder, die CDU geht neue Wege, oder wir wechseln nur die Dekoration.“

Den heikelsten Punkt seines Antragspaketes hatte der Reformflügel um Blüm bereits vor dem Parteitag erheblich entschärft: Anstelle einer grundsätzlichen Unvereinbarkeitsklausel zwischen Mandaten und Aufsichtsratssitzen will man nun die Privatisierung der öffentlichen Unternehmen forcieren. Die öffentlichen Unternehmen sollen künftig „per Gesetz grundsätzlich höchstens zur Hälfte mit Mandatsträgern oder Spitzenbeamten besetzt werden“.

Die Reformgegner aus dem mittleren Partei-Establishment hatten für die Perestroika-Fraktion um Blüm am Ende nur mehr Hohn und Häme übrig: „Alles, was die hier bekommen haben, sind Schnuppermehrheiten“, spotteten sie. Und: „Die sind als Tiger gesprungen und als Bettvorleger gelandet.“ Johannes Nitschmann

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