NPD-Kader auf dem Fußballplatz: Unerwünschter Spieler
Der TuS Appen will den NPD-Kader Lennart Schwarzbach loswerden. Ein Gericht erklärte dessen Ausschluss aber für unwirksam. Nun wagt der Club einen neuen Versuch.

Hamburg taz | Er darf wieder mitspielen. Das Landgericht Itzehoe hat entschieden, dass der Ausschluss des Hamburger NPD-Landesvorsitzenden Lennart Schwarzbach bei dem Turn- und Sportverein Appen (TuS Appen) im Landkreis Pinneberg unzulässig war. Die Entscheidung nutzt Schwarzbach, um so gleich zu erklären: „Dem Missbrauch von Vereinspositionen für politische Verleumdungen muss entschieden entgegengetreten werden“ und „für Deutschenhass gibt es keine Entschuldigung“.
Vertreten wurde Schwarzbach von dem NPD-Anwalt Peter Richter. Zum Urteil sagt er: „Von der naiven Vorstellung, man könne Mitglieder allein wegen ihrer politischen Überzeugungen nach Gutsherrenart aus Vereinen ausschließen, müssen sich die politisch korrekten Vorstände schnell wieder verabschieden.“
Auschlussverfahren war fehlerhaft
Nach gut zweieinhalb Jahren Rechtsstreit entschied das Landgericht bei der Klage von Schwarzbach nicht über die inhaltliche Debatte, ob Mitglieder politisch extremer Parteien ausgeschlossen werden dürfen. Das Ausschlussverfahren war nach Ansicht des Gerichts fehlerhaft und wegen dieser Formfehler dürfe Schwarzbach Mitglied bleiben.
Auf ihrer Facebookseite und Webseite geht die NPD den Vereinsvorsitzenden des TuS Appen, Wilfred Dierkert, an. Mit „allen Registern“, auch unlautere, hätte der Vorsitzende alleine versucht, den Ausschluss zu erwirken.
Die Anfeindung nahm Dierkert gelassen hin und erklärte nüchtern, dass diese Behauptung „Quatsch“ sei. „Ich habe da gar nichts alleine entschieden.“ Die Spieler der Herrenmannschaft hatten beantragt, ihren Mitspieler wegen NPD-Zugehörigkeit auszuschließen. Viele Gespräche habe es mit Schwarzbach gegeben, erzählt Sascha Helfenstein, Abteilungsleiter Fußball des Kreisligisten TuS Appen. Mit ihm als Trainer und auch mit dem Vorstand.
NPD-Kader seit 2014 im Verein
Von Schwarzbach, der seit 2014 Vereinsmitglied ist, wäre aber keine Reaktion auf die Vorhaltungen gekommen. Seit Anfang 2015 war sein politisches Engagement dem Verein bekannt. Im Verein hätte der NPD-Kader keine politische Agitation betrieben, sagt Helfenstein, doch wenn man ihn „direkt darauf angesprochen hat, kam allerdings was“.
Bei der Diskussion sollte auch nicht vergessen werden, „für was die NPD steht“ und das mit dem Landesvorsitz Schwarzbach kein „kleines Licht“ sei, sagte Helfenstein dem Fußball-Magazin 11 Freunde. Beim TuS Appen spielen viele ausländische Spieler, „das passt nicht zusammen: Mannschaftssport mit allen zusammen, aber in der Politik richtet man sich gegen diese Personen“. Das hätte die Mannschaft Schwarzbach in mehreren Gesprächen kommuniziert.
Ein anderer Verein hat Schwarzbach schon rausgeworfen. Im April 2014 trennte sich der TSC Wellingsbüttel von dem NPD-Kader als Trainer der C-Jugend. Der heute 27-Jährige hatte als NPD-Spitzenkandidat in Wandsbek zur Bezirkswahl kandidiert. Der Vereinsvorsitzenden Volker Helm erklärte damals: „Er hat bei uns keinen Platz mehr.“
Andere NPDler flogen schon aus Clubs
Im Norden kein Einzelfall. Bereits 2012 entschied das Landgericht Bremen, dass Werder Bremen den NPD-Funktionär Jens Phüse ausschließen durfte. Phüse war als Wahlkampfleiter kurz vor der Bremer Bürgerschaftswahl 2011 Mitglied geworden, hatte dies im Internet veröffentlicht und die Vereins-Raute mit dem Parteilogo kombiniert. Für Werder widersprach Phüses Engagement dem Vereinszweck, Sport „als verbindendes Element zwischen Nationalitäten“ zu fördern. Eine Argumentation, die „nachvollziehbar“ sei, so Richter Tobias Krämer damals.
Beim TuS Appen wird nun die Satzung überarbeitet, um einen Ausschluss gerichtsbeständig umsetzen zu können. Sascha Helfenstein sagt: „Meine Mannschaft hat schon gesagt: ‚Wir wollen klare Kante zeigen und nicht alles hinnehmen.‘“ Trotz Urteil wollten seine Jungs „verständlicherweise“ mit dem NPD-Landeschef nicht wieder zusammenspielen.
Eine Koalition, die was bewegt: taz.de und ihre Leser:innen
Unsere Community ermöglicht den freien Zugang für alle. Dies unterscheidet uns von anderen Nachrichtenseiten. Wir begreifen Journalismus nicht nur als Produkt, sondern auch als öffentliches Gut. Unsere Artikel sollen möglichst vielen Menschen zugutekommen. Mit unserer Berichterstattung versuchen wir das zu tun, was wir können: guten, engagierten Journalismus. Alle Schwerpunkte, Berichte und Hintergründe stellen wir dabei frei zur Verfügung, ohne Paywall. Gerade jetzt müssen Einordnungen und Informationen allen zugänglich sein. Was uns noch unterscheidet: Unsere Leser:innen. Sie müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 50.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Es wäre ein schönes Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
CDU-Chef Friedrich Merz
Friedrich der Mittelgroße
Geiselübergabe in Gaza
Gruseliges Spektakel
Jugend im Wahlkampf
Schluss mit dem Generationengelaber!
Soziologische Wahlforschung
Wie schwarz werden die grünen Milieus?
Wahlentscheidung
Mit dem Wahl-O-Mat auf Weltrettung
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Russland und USA beharren auf Kriegsschuld des Westens