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NDR-Doku über eine Ehescheidung"Sie haben die Paarebene verlassen"

Lange waren sie ein Vorzeigepaar, bis Björn Lina verlassen hat. Die Dokureihe "Das Leben!" nähert sich dem Thema Trennung mit Kindern an.

Björn will den Kontakt zu seiner Tochter behalten. Bild: NDR

187.027 Ehescheidungen zählte das Statistische Bundesamt Deutschland im Jahr 2010 – das ergibt eine Rate von fast 50 Prozent. Der NDR widmet sich dem Thema in der Dokumentation "Das Leben! – Und was ist mit den Kindern: Wenn Eltern sich trennen" und begleitet das junge Paar Lina und Björn aus Kiel.

Lange Zeit gelten sie als das absolute Traumduo. Sie waren schon als Jugendliche zusammen und haben vor fünf Jahren geheiratet. Am 21. Februar 2011 hat sich alles verändert. Björn verlässt Lina, den dreijährigen Sohn Lauritz und das zwei Monate alte Baby Mette. Grund: Der Computer-Fachmann hat im Internet eine neue Frau kennengelernt und sich verliebt. Für Lina bricht eine Welt zusammen.

Sie ist verletzt und wütend. "Ich habe nie damit gerechnet", sagt sie. Vor einem Jahr schon hatte Björn erste Zweifel an der Ehe. Kinder, Haus und gemeinsam alt werden – das war ihm zuviel.

Der Erwartungsdruck als Ehekiller? Björn schafft es in der 45-minütigen Dokumentation nicht wirklich, seine Gefühle zu benennen. Es fällt auch schwer, für ihn Sympathien aufzubringen. Er trennte sich schließlich von Lina und den Kinder für eine jüngere Frau – der Klassiker.

Die verlassene Frau leidet und muss sich um die Kinder kümmern. Der Mann lebt sein neues Leben. Manchmal fühle er sich schuldig, sagt Björn. Doch meistens hat er keine Lust, sich mit den Gefühlen seiner Ex-Frau auseinander zu setzen. "Sie haben die Paarebene verlassen", sagt ihnen die Frau in der Erziehungsberatung. Beide wollen das Beste für Ihre Kinder, sich gemeinsam um sie sorgen und suchen nach Hilfe.

Intime Aufnahmen

Die NDR-Autoren Nadja Frenz und Michael Richter haben Björn und Lina über ein halbes Jahr begleitet. Herausgekommen sind sehr intime Aufnahmen. Wenn Lina darüber spricht, wie sie sich am liebsten in ihr Bett verkriechen wollen würde, aber wegen den Kindern stark sein muss, rührt das.

Das junge Elternpaar kommt meistens getrennt zu Wort. Es sind Aufnahmen von der ersten Übernachtung des Sohnes bei dem Vater, davon wie Lina symbolisch neue Familienfotos machen lässt oder von der Mutter-Kind-Kur. Den emotionalen Höhepunkt erreicht die Dokumentation, als Björns neue Freundin verrät, dass sie schwanger ist. Für Lina ein Schock.

Die jungen Kieler sind selber beide Scheidungskinder und wollten alles anders machen. "Da war schon immer ein Wunsch und der Drang nach einer heilen Welt", fasst Linas Mutter Sabine zusammen.

Bemüht-zuversichtliches Happy End

Zwar schaffen es Frenz und Richter sehr nah, fast schon schmerzhaft nah, an ihre Protagonisten heranzukommen, doch ein wirklicher Überraschungsmoment fehlt ihrem Film. Die Handlung ist mit gesundem Menschenverstand vorhersehbar. Acht Monate nach der Trennung trifft das Paar bei Mettes Taufe aufeinander. Björn wollte erst nicht kommen, dann nur mit neuer Freundin, am Ende kam er allein. Nun verstehen sie sich wohl besser – das sagt uns zumindest die Stimme aus dem Off.

Wirklich nachvollziehbar ist das für den Zuschauer leider nicht. Durch die fehlende visuellen Beweisbilder am Ende, ringt die Dokumentation um ein bemüht-zuversichtliches Happy End.

NDR: "Das Leben! – Und was ist mit den Kindern: Wenn Eltern sich trennen" 20.11.11, 15:15 Uhr

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7 Kommentare

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  • D
    Dorothee

    Ich habe die Doku vergangenes Woende gesehen und sie lässt mich nicht mehr los. Am liebsten würde ich Lina sowie die zwei kl. Mäuse in die Arme nehmen und sagen, alles ist nur ein böser Traum, morgen ist alles wieder gut. Ich kann Björn so wenig verstehen. Hat er es sich nicht zu einfach gemacht und wenn ihm Haus, zweites Kind zuviel wird, wieso stürzt er sich gleich in die nächste (geplante) Familie. Auch wenn er seine eigenen Gefühle berücksichtigen muss, warum nicht ein bißchen mehr reflektierend. Ich hatte so das Gefühl, er hat bis zum Schluss nicht gemerkt, wie verletzend er wirklich gehandelt hat, sondern nur an sich gedacht ("Hoffentlich bekomme ich nicht wieder böse SMSen"). Wie verletzend muss es für Lina sein, verlassen worden zu sein und dass ihr Mann sie einfach austauscht, im Grunde tauscht er sogar seine Kinder aus, indem er sagt, dass er nach der Geburt seines Kindes von seiner Freundin Lena, vielleicht erstmal keine Zeit für seine zwei Kinder hat, weil er für Lena dasein muss. Aber Lina soll alles allein mit zwei Kindern bewältigen, dazu mit der Trauer, nicht nur den Partner sondern den Freund, mit dem man 15 Jahre alle Ängste, Freuden und NÖte geteilt hat, einfach ohne Ansage verloren zu haben.

    Welche Gefühle mag Björn gehabt haben, als Mette geboren wurde? Da war doch wahrscheinlich für ihn schon alles gelaufen.

    Für Björn ist es einfacher ein neues Leben zu beginnen. Lina aber hat die Verantwortung für zwei kleine Kinder. Wie soll sie da Zeit für eine neue Partnerschaft finden (sofern sie überhaupt die alte erstmal verarbeiten kann). Ich wünsche es ihr und den beiden Kindern so sehr, dass sie einen Weg zu einem sehr, sehr glücklichen Leben finden wird!!!!

  • A
    Anne

    LIebe Rike,

     

    ich habe beides erlebt... erst hat mein Mann mich mit 2 Kindern verlassen - genau wie bei Mette und dann starb mein älterer Sohn an Leukämie... es ist SCHLIMMER den Partner zu verlieren, denn vom Kind mit Krankheit kann man sich verabschieden, der Partner knallt einem einfach so hin, dass man nciht ausgereicht hat, dass eine andere einfach besser ist, da wir einem der Boden unter den füßen weggezogen, da geht der Mann, den man liebt.... Meine Geschichte ist wie die von Lina und ich kann sie TOTAL verstehen.....!!!!

  • LV
    Linda-Tabea Vehlen

    ...das zeigt mal wieder, wie allzu bereit willig Männer ihre Familien aufgeben und (noch während der Beziehung !!!!!) im Internet die vermeintlich aufregendere Frau suchen. Eine Wegwerfmentalität - nur dass es hier um Menschen geht. Solche hormongesteuerten Typen sitzen in zwei Jahren wieder heimlich vor`m Internet. Weil die Aufregung der Anfangszeit den Mühen des Alltags gewichen ist, weil es vielleicht anstrengend und nicht mehr ganz so pricklend ist. Aber was soll`s - es gibt ja das Internet, schnell nach ´ner Neuen geklickt, Angebot ist ja da ohne Ende. Und dann: wieder Kinder, die aus ihren Verhältnissen gerissen werden. Ein Wahnsinnist das! Aber auch ein Spiegel der (Männer-)Gesellschaft! Ich schreibe darüber gerade einen Artikel in mein Blog männliche untreue - VG und den betroffenen Frauen: viel Mut, trauert solchen Typen nicht hinterher!!!! Linda

  • RA
    Rike aus NRW

    Dein Kommentar, liebe Irene, ist ungerecht und soll wohl Frauen-, Muttersolidarität aufzeigen! Björn hat zu seinen Gefühlen, bzw. den nicht mehr vorhandenen gestanden und daraus die einzig richtigen Konsequenzen gezogen. Seine Ex-Lina reagiert verständlicherweise wütend, doch Verständnis für dumme, wütende Smse kann man allenfalls für die Anfangszeit aufbringen. Anstatt einen klaren Schnitt zu machen, das Riesenhaus zu verkaufen und sich eine angemessene Wohnung zu suchen, präsentiert sich Lina auch nach acht Monaten ständig weinend, latent aggressiv und als Opfer. Sie sollte anfangen, darüber zu reflektieren, dass sie großes Glück hat mit zwei gesunden Kindern, die bei ihr leben können. Es gibt Schlimmeres als eine Scheidung, zum Beispiel, dass die Kinder sterben oder gar tot zur Welt kommen. Vielleicht einfach mal das eigene Glück über die gesunde "Brut" von außen betrachten und demütig sein, liebe Lina, anstatt dem Sohn zu erzählen, dass der Vater ein Lügner ist?

  • E
    Emma

    Besser für Björn und vielleicht auch für seine Familie wäre es wahrscheinlich gewesen zu einem früheren Zeitpunkt die Trennung zu versuchen. Dann hätte er erstmal, ganz für sich, überlegen können, was er nun will. Dumm von ihm sich gleich in eine neue Beziehung mit Familiengründung zu stürzen. Wenn das nicht klappt, ist er doch am Arsch. Einen Rückweg gibt es dann bestimmt nicht mehr und es bleiben 2 enttäuschte Frauen und 3 enttäuschte Kinder zurück. Männer überlegt doch einfach mal vorher, was Ihr wollt!

  • R
    rosa

    Das passiert so tausendfach - bei mir fast dieselbe Konstellation, drei Kinder und dann mit einer anderen Frau abgzischt als der kleine 6 Monate war, nun inzwischen schon Vater eines neuen Kindes. Ich frage mich, was unsere nächste Generation damit anfangen wird. Denn eins ist klar: Trennung bedeutet nur Aufschub der "Heilung" welcher Familienbrüche auch immer. Trennung ist Wegschauen, Aufgeben, Resignieren. Bis man exakt da landet mit dem neuen Partner und der neuen Familie, wo man damals aufgehört hat und sich fragt, wieso hat man sich eigentlich damals getrennt? Denn irgendwann wird dieses Patchworkchaos mit mind. vier Eltern und 8 Großeltern einfach nur nervig.

  • I
    Irene

    Na dem hätte ich aber den Lauritz und die Mette mitgegeben in sein neues Glück, dem Björn