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NDR-Affäre in HamburgFunkhaus-Chefin tritt vorerst ab

Sabine Rossbach steht wegen möglicher Vetternwirtschaft in der Kritik. Nun hat die NDR-Landesfunkhausdirektorin Hamburg ihren Rückzug erklärt.

Lässt ihre Tätigkeit erstmal ruhen: Sabine Rossbach, bisher Chefin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg Foto: dpa

Hamburg taz | Die Direktorin des NDR-Landesfunkhauses Hamburg hat ihren Rückzug erklärt. Wie der NDR am Freitagvormittag mitteilte, will Sabine Rossbach ihre Aufgaben in den kommenden Wochen ruhen lassen, bis die gegen sie im Raum stehenden Vorwürfe geprüft seien. Anschließend wolle sie nicht wieder auf ihren früheren Posten zurückkehren.

Auf Rossbach wuchs in den vergangenen Tagen der Druck: Sie steht wegen des Vorwurfs der Vetternwirtschaft in massiver Kritik. Das Online-Magazin „Business Insider“ hatte berichtet, dass Rossbachs Tochter als Inhaberin einer PR-Agentur jahrelang ihre Kun­d:in­nen in NDR-Programmen habe platzieren können. So soll Rossbach etwa Druck auf die Redaktion des TV-Magazins „Hamburg Journal“ ausgeübt haben. In E-Mails soll sie die Redaktion dazu gedrängt haben, über Themen und Termine zu berichten, die Rossbachs Tochter dem Sender angedient hatte und die vorteilhaft für die Kun­d:in­nen der PR-Agentur gewesen seien.

Gegenwärtig ist die Anti-Korruptions-Beauftragte des NDR mit einer Prüfung der Frage beauftragt, ob Rossbach Compliance-Regeln des NDR verletzt oder sich Korruptionsstraftatbestände erfüllt haben könnten.

Nachdem die Vorwürfe bekannt wurden, veröffentlichten 70 NDR-Mitarbeiter:innen einen offenen Brief an den Indentanten des NDR, Joachim Knuth. Darin stellen sie sich gegen Rossbach und erklärten, dass sie sich eine „vertrauensvolle Zusammenarbeit mit Sabine Rossbach nicht mehr vorstellen“ können. Darüber hinaus beklagen die Unterzeichner:innen, dass viele NDR-Beschäftigte in der Vergangenheit ein „Klima der Angst“ beim Sender erlebt hätten. Knuth solle eine schnelle Entscheidung in der Causa Rossbach fällen.

Der NDR kommt nicht zur Ruhe

So wie es in der Mitteilung des NDR vom Freitagvormittag dargestellt wird, kam Rossbach mit ihrem angekündigten Rückzug einer Entscheidung Knuths zuvor. Für Rossbach übernimmt vorerst ihre Stellvertreterin Ilka Steinhausen. Steinhausen ist auch Hörfunkchefin des Senders NDR 90,3.

Intendant Knuth ließ sich in der NDR-Mitteilung schmallippig zitieren. Rossbach mache durch ihren Rückzug den Weg frei für einen Neuanfang im Landesfunkhaus, sagt er. „Wir nehmen uns jetzt die Zeit, die im Raum stehenden Vorwürfe aufzuklären.“

Ohnehin steht der NDR derzeit unter Druck: Neben dem Wirbel um das Hamburger Landesfunkhaus war auch das Pendant in der Schleswig-Holsteinischen Landeshauptstadt Kiel zuletzt skandalumwittert. Dort stehen Vorwürfe im Raum, dass NDR-Beschäftigte in ihrer journalistischen Arbeit behindert worden seien und Beiträge gar von oben geändert worden seien. Im Grundsatz lautet der Vorwurf, dass einige obere NDR-Angestellte in Kiel eine zu große Nähe zur Landespolitik pflegten.

Auch in Kiel kam es bereits zu personellen Konsequenzen: Erst wurden nach Bekanntwerden dieser Vorwürfe die Politik-Chefin Julia Stein und der Chefredakteur Norbert Lorentzen – laut einer Mitteilung auf eigenen Wunsch – von ihren Ämtern entbunden, kurz danach reichte Volker Thormählen, Direktor des Landesfunkhauses, einen vierwöchigen unbezahlten Urlaub ein.

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4 Kommentare

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  • 0G
    04405 (Profil gelöscht)

    Was wirklich erschüttert: Genau wie im Fall Schlesinger las und hörte man dazu aus der ARD Sphäre: Nichts. Die ersten Beiträge dazu gab es jeweils unmittelbar zu den Rücktritten.

    Im 21. Jahrhundert sowas totschweigen zu wollen, das zeigt das ganze Maß an Unfähigkeit mit solchen Krisen umzugehen.

  • NDR info klärte am 06.09 in der Sendung Redezeit Zuhörer mit dem Intendanten Knuth über die Skandale beim NDR auf, informierte aber nicht darüber, dass kurz vor Sendebeginn der Stern enthüllte, dass die Hamburger Zentrale laut Stern schon lange über die Vorgänge in Kiel informiert war und versuchte, sie kleinzuhalten. Was wusste Knuth und wann?



    Warum verkündete er in der Redezeit nicht, dass durch Angst, Klage, Abmahnung, Nichtvertragsverlängerung, Nichteinstellung, Verhöre betroffene NDR-Mitarbeiter in Kiel und Hamburg ein Recht auf Entschädigung und Entschuldigung durch den NDR haben, falls die Anschuldigungen zutreffen sollten?



    Ist es glaubwürdig, dass die jetzige Kieler Funkhauschefin Freitag als Stellvertretende Direktorin nichts von den Missständen in Kiel mitbekam? Wohl kaum. Trotzdem soll sie aufklären.

    Warum verkündet der NDR nicht, prüfen zu wollen, ob Rossbach und weitere vom Amt entbundene leitende NDR-Mitarbeiter nicht schon in früheren Karrierestationen massiv versagten?

    Das System Öffentlich-Rechtlicher Rundfunk hat, so vermutet es der Journalist Küppersbusch, ein massives Problem mit dem Einfluss der Politik und seiner Freundeskreise. Doch die internen Aufklärer beim RBB und NDR scheuen diesen Hinweis wie der Teufel das Weihwasser.



    Fragen nicht, ob ein über Jahrzehnte von der Politik und ihren Freundeskreisen gepflegtes und gefördertes mehr oder weniger unsichtbares Karrieresystem (rechts, links) mit den Skandalen immer mehr in den Lichtkegel der Öffentlichkeit gerät.



    Fakt ist: Schlesinger, eine weitere leitende RBB-Mitarbeiterin, Rossbach, Lorentzen, Stein, Thormälen und Knuth machten zusammen im NDR-System Karriere.



    Funkhausdirektor Thormälen gilt z. B. seit seiner Jugend als CDU-Statthalter im NDR.



    Gehören er und weitere leitende NDR-Mitarbeiter wohlmöglich zu der Art “politischer Einflussagenten“, die Ina Wagner in ihrer Dissertation über den ZDF-Journalisten Brender beschreibt, und die zur “politischen Infiltration“ im NDR beitragen?

  • Jetzt also Ilka Steinhausen.



    Sie ist ja auch für 90,3 verantwortlich. In dieser Funktion hatte ich sie mal angeschrieben und darum gebeten, die Blitzermeldungen für Hamburg einzustellen. Warum? Weil damit die Blitzer bekannt gegeben werden und die Fahrzeuge dann kurz langsam fahren und danach wieder mit überhöhter Geschwindigkeit weiter fahren. Einfach sehr logisch. Trotz weiterer guter Argumente wollte Frau Steinhausen darauf nicht eingehen und hat auch keine Gegenargumente gebracht. Auch auf meinen Hinweis hin, dass der RBB aus diesem Grund die Blitzermeldungen abgesetzt hat wollte sie auch nicht eingehen. Überhöhte Geschwindigkeit ist Unfallursache Nr. 1 in HH.

    Nur mal so, was für Leute beim NDR in Verantwortung stehen.

  • "Nachdem (!) die Vorwürfe bekannt wurden" melden sich jetzt also gratismutig 70 Mitarbeiter:innen mit weiteren Missständen. Aufklären musste zuerst ein privates (!) Medium, das pikanterweise zum Springer-Konzern gehört. Wofür zahlen wir eigentlich den Rundfunkbeitrag, wenn bei öffentlich-rechtlichen Sendern die angeblich so unabhängigen Journalisten, von denen einige ja wohl so einiges schon vor der Publikation durch Business Insider gewusst haben dürften, immer erst hinterher aufklären?