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Mysteriöse KostenexplosionDie Elbvertiefung wird noch viel teurer

Kosten der Fahrrinnenanpassung steigen von 240 auf bis zu 900 Millionen, räumt Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch ein. Die Grünen wittern "Zahlensalat".

Umweltschützer fanden, schon der alte Preis sei nicht zu rechtfertigen. Bild: dpa

HAMBURG taz | Die Elbvertiefung wird offenbar deutlich teurer als bisher bekannt. „Eine Größenordnung von 250 bis 300 Millionen Euro ist im Haushaltsentwurf 2015/2016 verankert“, sagte Hamburgs Wirtschaftssenator Frank Horch (parteilos) am Dienstagabend im NDR-Hörfunk. Diese Beträge sind dabei nur der Anteil an den Kosten, die die Stadt trägt: Zu zwei Dritteln zahlt der Bund für die Fahrrinnenanpassung – die Unterelbe ist eine Bundeswasserstraße. Stimmen die nun von Horch genannten Zahlen, würden sich die Kosten für das gesamte Vorhaben auf 750 bis 900 Millionen Euro erhöhen.

Das wäre eine Kostensteigerung, die nicht mal Kritiker des Projekts prophezeit hätten. Bei der ersten Kostenschätzung war im Jahr 2004 die Rede von 240 Millionen Euro gewesen, davon 80 Millionen Hamburger Anteil. Vor einem Jahr dann bezifferte der SPD-Senat in seiner Antwort auf eine Anfrage der Grünen-Bürgerschaftsfraktion den städtischen Anteil auf exakt „199.088 Millionen Euro“. Die gesamte Fahrrinnenanpassung sollte somit rund 600 Millionen Euro teuer werden.

Schon den damaligen Kostensprung kritisierte der Grünen-Abgeordnete Anjes Tjarks. Jetzt wirft er dem Wirtschaftssenator sogar „Zahlensalat“ vor: „Für diesen Kostenschock ist dringend eine Erklärung fällig“, so Tjarks. Horch habe offenbar „völlig den Überblick verloren“.

Bei dem Großprojekt soll die Fahrrinne der Elbe zwischen Hamburg und Cuxhaven um einen Meter auf 19 Meter unter Normalnull vertieft werden. Dann könnten Containerschiffe mit einem Tiefgang von bis zu 13,50 Metern die Unterelbe jederzeit befahren, bei Hochwasser sogar Schiffe bis 14,50 Meter Tiefgang.

Gegen die Klagen mehrerer Umweltverbände verhandelt ab 15. Juli das Bundesverwaltungsgericht in Leipzig. Im Oktober 2012 hatte das Gericht bereits einen vorläufigen Baustopp verhängt. Im Parallelverfahren zur Weservertiefung baten die Leipziger den Europäischen Gerichtshof (EuGH) um Erläuterungen zur Auslegung der EU-Wasserrahmenrichtlinie. Darüber will der EuGH nächste Woche beraten.

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5 Kommentare

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  • "Bei dem Großprojekt soll die Fahrrinne ... um einen Meter ... vertieft werden. "

     

    Der Meter kostet 1 Milliarde, und nach dem nächsten Superhochwasser ist alles wieder vollgeschlammt - aber das Geld ist im Sack bei denen, die sich mal wieder eine Abkassiernummer ausgedacht haben.

     

    "...wird offenbar deutlich teurer als bisher bekannt."

     

    Klar, so geht doch das Spiel, denn wenn man schon mal einen Braten im Ofen hat, dann soll der doch auch richtig fett sein!

     

    BER-S21-HH ... ALLES wird teurer als vorher BEKANNT (?) ... son Quatsch, es wird alles soviel teurer wie es nur irgend geht, die Zitrone muss doch richtig ausgequetscht werden!

    • @shumil:

      Stimmt - mit einmal ausbaggern ist es ja nicht getan, es muss ständig nachgebaggert werden. Die Bürger werden mal wieder so richtig vera.....!

      Wieso die richtig großen Containerschiffe nicht im neuen Tiefwasserhafen Wilhelmshafen anlegen können, erschließt sich mir nicht.

      • @Bernado:

        Können sie ja, aber will halt keiner, weil der Jade-Weser-Port nutzlos für die Seefahrt ist.

        • @Verkehrsfritze:

          Wieso?

          Dort können doch Containerschiffe anlegen und Container entladen werden. Wo ist das Problem?

          • @Bernado:

            Weil es keinen Grund gibt, dort Container umzuschlagen. Da ist halt nichts. Kommt ein Schiff aus Fernost, wird es bevorzugt nach Hamburg fahren, nachdem es Zwischenstopps in zahlreichen Häfen machte. Aber was soll ein Container in Wilhelmshaven? Per LKW nach Hamburg? Oder mit einer schlechten Bahnanbindung nach Tschechien? Oder per fehlender Wasserstraße nach Polen? Oder zu den inexistenten Betrieben in Wilhelmshaven zur Weiterverarbeitung? Ein Stopp in Wilhelmshaven heißt nur, daß man a) länger fährt, b) mehr Energie verbraucht und c) mehr Geld für Schlepper und Liegezeiten aufbringt. Deshalb nimmt Maersk ja lieber Vertragsstrafen in Kauf und fährt nach Bremerhaven. Letztes Jahr wurden in Wilhelmshaven 70.000 TEU umgeschlagen, davon 90% Leercontainer, um politische Verträge halbwegs einzuhalten. Der Hafen ist ja da, kann jederzeit angefahren werden und Hannover subventioniert sogar jeden Umschlag mit viel Geld. Trotzdem fährt da keiner hin. Da ist doch kein allmächtiger Hamburger, der denen das verbietet. Rotterdam, Bremerhaven, Hamburg etc. sind halt das attraktivere "Gesamtpaket", mit gewaltigem Abstand.