Mutmaßlicher Einsatz von Chemiewaffen: Syrien erlaubt UN-Untersuchungen
Der Westen zeigt sich zunehmend überzeugt, dass die syrische Regierung Chemiewaffen eingesetzt hat. Diese stimmt nun doch UN-Untersuchungen zu.
DAMASKUS/ISTANBUL afp/dpa | Die syrische Führung will den Chemiewaffeninspekteuren der Vereinten Nationen jetzt doch Zugang zu den angeblich mit Giftgas bombardierten Dörfern im Umland von Damaskus gewähren. Eine entsprechende Vereinbarung erzielte die deutsche UN-Diplomatin Angela Kane am Sonntag bei einem Gespräch mit Außenminister Walid al-Muallim.
Allerdings behält sich das Regime von Präsident Baschar al-Assad nach den Worten eines Regierungsbeamten vor, „das Datum und die Uhrzeit für diesen Besuch festzulegen“.
Wann die Untersuchung in dem Bezirk östlich von Damaskus beginnen soll, wurde nicht gesagt. Die Sicherheitslage in dem umkämpften Gebiet gilt als sehr schlecht. Die Opposition hatte am Samstag erklärt, sie könne im Rebellengebiet die Sicherheit der UN-Experten gewährleisten.
Die syrische Regierung hatte es zunächst abgelehnt, eine Fahrt der Inspekteure in den Bezirk Al-Ghuta Al-Scharkija zu erlauben, in dem am vergangenen Mittwoch mehrere Hundert Menschen durch Nervengas ums Leben gekommen sein sollen.
Ursprünglich hatte das Regime von Präsident Baschar al-Assad den Inspekteuren, die sich seit einer Woche in Syrien aufhalten, nur die Untersuchung von drei mutmaßlichen Giftgas-Einsätzen in den Provinzen Damaskus-Land, Homs und Aleppo erlaubt. Alle drei Vorfälle liegen schon Monate zurück.
Der Westen zeigt sich zunehmend überzeugt von Berichten über den Einsatz von Chemiewaffen durch die syrische Regierung. Es werde nun über „mögliche Antworten der internationalen Gemeinschaft“ nachgedacht, teilte das Weiße Haus am Wochenende nach einem Telefonat von US-Präsident Barack Obama mit dem britischen Premier David Cameron mit. Frankreichs Präsident François Hollande sagte, vieles deute darauf hin, dass die syrische Regierung einen Chemiewaffenangriff verübt habe.
Iran warnt vor Militärschlag
Obama und Cameron bekräftigten laut Angaben des Weißen Hauses vom Samstag ihre „ernste Sorge“ angesichts von „zunehmenden Anzeichen“, dass ein „bedeutender Chemiewaffenangriff“ von der syrischen Regierung verübt worden sei.
Hollande erklärte am Sonntag nach einem Gespräch mit Australiens Premier Kevin Rudd, es gebe „ein Bündel an Hinweisen“ darauf, dass es einen Angriff mit Chemiewaffen gegeben habe und die syrische Regierung dafür verantwortlich sei. Hollande sprach neben Rudd auch mit Cameron über die Lage in Syrien.
Obama traf sich am Samstag mit seinen führenden Sicherheitsberatern. Er habe die Geheimdienste beauftragt, „Fakten und Beweise“ zusammenzutragen, hieß es aus dem Weißen Haus. Die Regierung habe eine Reihe von Optionen und werde den „nationalen Interessen“ entsprechend handeln. US-Verteidigungsminister Chuck Hagel erklärte am Sonntag in Kuala Lumpur, die US-Streitkräfte seien bereit zum Eingreifen in Syrien, sollte Obama dies anordnen.
Die staatlichen syrischen Medien verbreiteten unterdessen Fotos und Erklärungen des Militärs, die belegen sollen, dass die Rebellen im Osten von Damaskus Giftgas eingesetzt hätten und nicht das Regime. Aus dem Außenministerium hieß es nach dem Gespräch Al-Muallims mit Kane: „Al-Muallim hat erklärt, dass Syrien bereit ist, bei dieser Untersuchung mit den Inspekteuren zusammenzuarbeiten, um die Vorwürfe der Terroristen, die Regierungstruppen hätten in Al-Ghuta Al-Scharkija chemische Kampfstoffe benutzt, als Lügen zu entlarven.“
Der iranische Vize-Generalstabschef Massud Dschasajeri warnte die USA vor einer Militärintervention. „Wenn die Vereinigten Staaten diese rote Linie überschreiten, wird das ernste Konsequenzen für das Weiße Haus haben“, sagte Dschasajeri. Israels Staatspräsident Schimon Peres forderte die internationale Staatengemeinschaft auf, „sämtliche Chemiewaffen in Syrien zu beseitigen“. Ob dies durch eine militärische Intervention geschehen solle, ließ Peres offen.
Unterdessen trafen am Sonntag nach Angaben von Aktivisten Hunderte Vertriebene in dem Lager Bab al-Salama an der Grenze zur Türkei ein. Sie sagten, sie hätten ihre Häuser aus Angst vor weiteren Giftgas-Angriffen verlassen.
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