: Mussorgski in der Dorfkirche
Zur Sommersaison locken Konzerte, Lesungen und Ausstellungen die Städter aufs Land. Festivals in Scheunen, Schlösern und Kirchen bieten vor allem Klassisches. Orte wie das Kunstdorf Drewen verwandeln sich in Freilichtgalerien. Ein Überblick
von CHRISTINE BERGER
Ein typischer Landausflug sollte es werden, Beine ins Wasser hängen, Picknick auf der Wiese. Doch auf dem Weg zum Ziel kamen mein Begleiter und ich unverhofft vom Wege ab. Kloster Chorin lag auf der Strecke, und just als wir vorbeifuhren, gab es ein Konzert in der Ruine. Wir schlichen uns heran, lauschten und waren berauscht von den Bach-Chorälen hinter den löchrigen Mauern. Den See haben wir dann später aufgesucht, in der Hand das Kulturprogramm eines Sommers im Berliner Umland.
Und das kann sich nicht nur in Brandenburg sehen lassen. Über 1.200 Veranstaltungen in Kirchen, Schlössern und Scheunen appellieren dieses Jahr an Groß- und Kleinstädter zwischen Ostsee und Erzgebirge, einmal die Kultur dort aufzusuchen, wo man sonst in erster Linie Natur erwartet. Die zahlreichen Festivals widmen sich besonders klassischer Musik, was sicherlich den Dorfkirchlein besser zu Gesicht steht als Technoraves oder Rockkonzerte. Im Folgenden ein Überblick über die interessantesten Veranstaltungsreihen.
Musikland 2002
170 Konzerte sollen nicht nur den Einheimischen, sondern vor allem Touristen den Aufenthalt in Mecklenburg-Vorpommern versüßen. Hinter dem Titel Musikland 2002 verbergen sich insgesamt drei verschiedene Festivals, die sich der Hörerfreundlichkeit wegen auf ein Programmheft und eine Dachmarke geeinigt haben. Die Festspiele Mecklenburg-Vorpommern gelten als das renommierteste landesweite Festival. Neben Justus Frantz mit der Philharomie der Nationen geben sich auch Kent Nagano und das Deutsche Symphonie-Orchester in der Provinz die Ehre. Das Landgestüt Redefin lädt in diesem Zusammenhang gleich zweimal zum „Picknick-Pferde-Sinfoniekonzert“ mit dem Rundfunk-Sinfonie-Orchester Berlin. Eröffnet wird das Festival heute um 17 Uhr in der Konzertkirche Neubrandenburg mit Werken von Strawinsky und Mussorgski. Es spielt die Radio Philharmonie Hannover des NDR unter Leitung von Eiji Oue.
Das Programmheft ist erhältlich unter www.musikland-mv.de oder Tel. (03 81) 4 03 05 00
Sandstein & Musik
Zum zehnten Mal verschaffen sich Musiker aus ganz Deutschland von März bis November im südöstlichen Winkel Sachsens Gehör. In 24 Konzerten an ungewöhnlichen Spielstätten wird Klassik und Volkstümliches geboten. So finden sich der Malzboden des Schlosses Weesenstein und die Kornkammer der Burg Stolpen im Programm, der Barockgarten Großsedlitz und auch der Steinbruch Reinhardtsdorf. Zu den Ensembles zählen unter anderem der Dresdner Kreuzchor, die Virtuosi Saxoniae, die Dresdner Barocksolisten und der Bergsteigerchor Sebnitz.
Programminfos: „Sandstein & Musik“ e. V. , Tel.: (0 35 01) 44 65 72
Dreiklang
„Drei Kulturen. Ein Fest“ lautet das Motto des Dreiklang-Festivals, das vom 19. 7. bis 18. 8. klassische Musik in die Oberlausitz, nach Böhmen sowie Niederschlesien bringt. Die Philharmonie Krakau gibt in der Oberlausitz gleich mehrere Konzerte, ebenso die Staatskapelle St. Petersburg. Von den insgesamt 69 Konzerten finden allerdings nur jeweils zwei in Niederschlesien und Tschechien statt. So richtig klappt es wohl nicht mit dem Kulturaustausch.
Programminfos unter Tel. (03 51) 2 13 83 72
Kulturfeste
Spitzenreiter beim Kulturangebot zwischen Wald und Wiesen ist das Bundesland Brandenburg. Insgesamt 800 Veranstaltungen in der Zeit zwischen Ostern und Weihnachten hat die Initiative Kulturfeste im Land Brandenburg e. V. in einem Programmheft gebündelt. Highlights sind nicht nur Konzerte in den Klöstern Chorin oder Lehnin. Auch Orte wie das Kunstdorf Drewen in der Prignitz bieten Spannendes. In diesem Jahr zeigt das Dorf vom 30. Juni bis Ende September zeitgenössische Schweizer Kunst zwischen Dorfanger, Buswartehäuschen und Scheunen und lädt zu Lesungen, Konzerten und Performance rund um das Thema Dörfer im Wandel ein.
Das Kulturfeste-Programm ist abrufbar unter www.kulturfeste.de oder kann bestellt werden unter Tel. (0 30) 69 59 92 55
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen