Musik zum Weltwassertag: Vom Rauschen des Wassers

Zwischen indischer Volksmusik und Rap-Fusion: Das Album des grenzüberschreitenden Kollektivs Faraway Friends macht auf Dürren in Indien aufmerksam.

Eine Gruppe von Menschen mit Musikinstrumenten

Ein Jahr Arbeit führte zur Gründung des Kollektivs – und zum Album „Rain is Coming“ Foto: Julian Pircher

MUMBAI taz | Sie stehen für eine Generation, die keinen Stupser mehr braucht, um zu sehen, wie schnell uns der Klimawandel trifft. Ihre Reise beginnt mit einem Rauschen – keinem Störgeräusch, sondern dem Klang des Wassers. Im Jahr vor der Pandemie kamen Keno Langbein, Frontmann von Moop Mama, und der österreichische Produzent David Raddish nach Indien. Sie waren auf Streifzug in abgelegenen Dörfern und in der Ganges-Stadt Varanasi, wo sie die indische Singer-Songwriterin Ditty für ein Konzert trafen.

Mitschnitte von Begegnungen mit Was­ser­schüt­ze­r:in­nen sowie endlose Skype-Sessions der drei sind in das Album „Rain Is Coming“ geflossen. Entstanden sind 13 Stücke – und das Kollektiv Faraway Friends. Es ist eine Fusion von hiphoplastigen Vibes, dem Songschreibertalent Dittys und lokalen Einflüssen aus der Volksmusik. 


Wie es der Name des Albums schon verrät, geht es vor allem um eines: Wasser. In einigen Wochen werden sich Menschen in Indien erneut die Frage stellen: Wann kommt das Wasser? Bevor der Monsunregen auf dem Subkontinent einsetzt, geht es den Menschen an die Reserven.

„Der größte Teil Indiens hat eine lange Geschichte von Dürren. Der Monsun dauert nur zwei Monate. Besonders im Norden erhalten die Menschen wenig Niederschlag und haben die meiste Zeit des Jahres zu kämpfen. Der Regen ist eine schöne und positive Zeit im Jahr“, erzählt Ditty der taz. Wenn der Regen kommt, wird gefeiert.

Wie das klingen kann, verrät der erste Song: energetisch, befreiend, basslastig und schnell. Die Trommelschläge von David Raddish geben den Takt vor.

Der Zugang zu sauberem Wasser ist auf der Welt höchst ungleich verteilt. Ein Rechercheprojekt auf verschiedenen Kontinenten über Trinkwasser, Dürre, Überschwemmungen und Geldströme in der Entwicklungszusammenarbeit unter taz.de/wasser

Die Zeit vor dem Regen zu überwinden, ist eine Kunst. Wasser zu sparen wird überlebenswichtig, sonst bleibt nichts anderes übrig, als die Heimat zu verlassen.

So weit muss es nicht kommen, wenn Frauen Hand anlegen. Der Weg der Faraway Friends führte sie in die Trockenregion Bundelkhand im Norden Indiens. Dort treffen sie die „Wasserfreundinnen“ Jal Saheli. Hunderte Frauen in hellblauen Wickelkleidern, die gemeinsam etwas gegen den latenten Wassermangel tun: Sie beleben traditionelle Wassernutzungstechniken. Teiche werden instandgesetzt, um Regenwasser zu sammeln. Die Frauen graben Brunnen und reparieren Handwasserpumpen.

Wasser für Empowerment

Auf zwei Tracks sind sie zu hören, ein Song ist ihnen ganz gewidmet. „Ich habe gesehen, dass eine Wasserversorgung nicht so selbstverständlich ist“, sagt Musiker Keno. Gerade Frauen würden empowert und gewännen Freiheit, wenn Wasser da sei.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

„Die Idee ist es, Raum für Gespräche über dringende Themen zu schaffen. Die Klima­krise und was heute in der Welt passiert, ist etwas, das uns beschäftigt“, so Sängerin Ditty. Sie hat miterlebt, wie Flüsse ausgetrocknet sind und Gewässer irreparabel verschmutzt wurden. Ihr Interesse an Nachhaltigkeit hat Aditi Veena – so lautet ihr volle Name – während ihres Architekturstudiums entdeckt. Seitdem führt sie ein Doppelleben als Stadtökologin und Künstlerin. 



Ihr drittes Album, das unter dem Namen „Faraway Friends“ läuft, klingt anders. Weniger Gitarre ist zu hören, ihre berührenden Songtexte treffen auf Kenos bilingualen Rap. Produziert hat David Raddish, der zuvor mit Moop Mama, Fiva MC und der Afro-Soul-Sängerin Nomfusi gearbeitet hat. Die Songs, die auf gesampelten Liveaufnahmen beruhen, baute er in Ableton.

Mit Akustigitarre und elektronischen Beats

„Eigentlich wollte ich innerhalb einer Woche damit abschließen, doch wir trafen Ditty und alles kam anders“, sagt er. Die Arbeit an dem Album dauerte über ein Jahr. Aus den Beats für ein Soundtagebuch wurden erst drei Songs, nach einem Treffen in Wien ein ganzes Album.

Faraway Friends: „Rain Is Coming“ (Viva con Agua Music/Chimperator Productions). Livestream des Albumrelease im Knust Hamburg auf dringeblieben.de, am Weltwassertag am 22. März ab 19 Uhr. Die Einnahmen sollen Wasserprojekten zugutekommen.

„Why Bother“ ist einer der stärksten Songs. Dittys Akustikgitarre kommt darauf zum Einsatz, und trotz oder wegen der eingängigen Melodie wird er nicht ungemütlich, obwohl der Text Bequemlichkeit hinterfragt. „Wir tun immer noch so, als würden wir es nicht sehen“, singt Ditty. „Auf den Schultern der anderen hat die Schuld, die ich trage, überhaupt kein Gewicht“, stimmt Keno ein. Oder doch?

Von Brassband, mit der man Keno verbindet, ist nicht mehr viel zu hören, vielmehr sind es elektronische Beats und Dittys Stimme, die tragen. Die Geschichten, Lieder und Klangwelten öffnen den Diskurs und schneiden mit den Jal Saheli das Thema Gendergerechtigkeit an. Von ihnen wird am Tag der Veröffentlichung mehr zu hören sein, der nicht zufällig auf den Weltwassertag fällt.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.