Murdoch kauft "Wall Street Journal": Ein Kapitel ist geschlossen
Nun ist es amtlich: Medienkäufer Rupert Murdoch übernimmt den Verlag des großen "Wall Street Journal". Führende Mitarbeiter von Dow Jones verlassen das Unternehmen.
WASHINGTON Der bekannteste Chronist des Kapitalismus - das Wall Street Journal - ist nun Teil eines anderen Unternehmens. Medienmogul Rupert Murdoch erreichte am Donnerstagabend in New York sein lange anvisiertes Ziel: Die Aktionärsversammlung des Dow-Jones-Verlags, zu dem das Blatt gehört, nahm das Angebot an. Murdochs News Corporation wird Dow Jones nun für 5,6 Milliarden Dollar (rund 3,8 Milliarden Euro) übernehmen.
Damit endet ein langes Kapitel Mediengeschichte. Mehr als ein Jahrhundert gehörte Dow Jones - und damit unter anderem das renommierte Wall Street Journal, die Wirtschaftswochenzeitung Barrons und die Wirtschaftsnachrichtenagentur Dow Jones Newswires - zum Besitz der Familie Bancroft. Murdochs News Corporation ist bereits auf beinahe allen Kontinenten aktiv. Mit der Übernahme von Dow Jones wird News Corp nun auch ein führender Finanzdienstleister, hinter Thomson-Reuters und Bloomberg.
Bis zum Schluss hatten Mitarbeiter des Wall Street Journal gehofft, dass die Bancrofts ihre ursprünglich ablehnende Haltung zum Verkauf des Verlages aufrechterhalten würden. Doch Murdoch gelang es in den letzten Monaten, genügend stimmberechtigte Familienmitglieder von seinem Angebot zu überzeugen - er bot für das Unternehmen mehr, als dessen Aktien wert sind; angesichts zunehmender Finanznöte ein letztlich überzeugendes Argument.
Nachdem sich am Donnerstag rund 60 Prozent der Aktionäre für die Übernahme ausgesprochen hatten, stellte sich der australisch-amerikanische Medienmogul der Belegschaft. Er wisse, dass Veränderungen oft schwierig seien und Nervosität auslösten, sagte der 76-Jährige - versicherte aber: "Wir sind sehr zugängliche Leute." Über seine Ziele sagte er: "Wir müssen unterhalten, informieren und unsere Leser in ihrem Leben und in ihren Geschäften bereichern. Wir müssen die unübertroffene Quelle für Finanzinformationen und Kommentare in der Welt sein."
Mehrere führende Mitglieder der Dow-Jones-Leitung, darunter Vorstandschef Richard Zannino, werden das Unternehmen verlassen. Da es vor der Übernahme Proteste des Wall-Street-Journal-Betriebsrats gegeben hatte, hatte Murdoch, der im Ruf steht, in redaktionelle Angelegenheiten einzugreifen, zuvor eingewilligt, dass ein fünfköpfiger Ausschuss über die "journalistische und herausgeberische Unabhängigkeit" der Dow-Jones-Dienste wacht. Das Misstrauen gegen ihn rührt auch daher, dass unter seinen Titeln so tendenziöse Medien wie das britische Boulevard-Blatt Sun oder der US-amerikanische Nachrichtenkanal Fox News sind - der ganz auf der Linie der US-Regierung sendet.
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