Münchens Grüne zur Olympiabewerbung: Dagegen? Nicht elf grüne Stadträte

Die Grünen haben sich gegen die Olympiabewerbung 2018 entschieden. Alle? Nein: Ein kleines Dorf Namens München leistet Widerstand - und wirbt für die Spiele.

Sind anderer Meinung als ihre Münchner Kollegen: Grüne Gegner der Olympia-Bewerbung. Bild: dpa

MÜNCHEN taz | Der Sinn von politischen Abstimmungen liegt normalerweise darin, dass danach Klarheit herrscht. Offiziell gegen die Olympiabewerbung 2018 sind bei den Grünen seit Oktober der Münchner Kreisverband, schon lange der bayerische Landesverband und seit dem Votum des Parteitags auch die Bundesebene. Für Olympia indes trommeln weiterhin die elf grünen Münchner Stadträte.

Offiziell scheinen die Fronten geklärt, doch vor allem die Bundestagsfraktion diskutiert nach dem Parteitag weiter. Abgeordnete wagen sich nun langsam aus der Deckung und beklagen, dass die Parteichefin, also die "Olympia-Trommlerin" Claudia Roth gemeinsam mit dem sportpolitischen Sprecher der Fraktion, Winfried Hermann, jeden noch so kleinen Widerspruch gegen Olympia in der Vergangenheit im Keim erstickt hätten.

Gerade der "Winne" bolzte diese Woche noch mal ordentlich los, natürlich gegen die eigenen Parteifreunde. In Stuttgart hätte er die Massen gegen Stuttgart 21 mobilisiert - aber "ihr in München habt nicht einmal eine Demo gegen Olympia auf die Beine gestellt", so Hermann.

Stimmt nicht ganz: In München gab es mehrere, wenn auch kleine Demonstrationen gegen Olympia. Außerdem vermutet Hermann, dass der halbe bayerische Landesverband der Grünen selbst Ski auf den ökologisch so unmöglichen Pisten fährt.

Mag ja sein. Aber auch einem Autofahrer sollte es freistehen, das Automobil kritisch zu sehen. Sich selbst sieht Hermann als kritischen Begleiter der Bewerbung. Seit vergangenem Montag darf das "kritisch" gestrichen werden: An diesem Tag veröffentlichte Hermann auf seiner Homepage nicht nur seine Bolzattacken, sondern auch eine offizielle Stellungnahme des DOSB, des Deutschen Olympischen Sportbundes.

Kurzer Auszug aus der Pressemitteilung, in der die Grünen, denen Hermann ja angehört, stark kritisiert werden: "Zeitpunkt und Verlauf der lediglich für wenige Minuten zugelassenen Debatte zu einem derart umfassenden Projekt zeigen, dass es hier nicht um die demokratische Abwägung einer Sachfrage ging, sondern um bloßes Nein-Sagen."

Weiterhin "Ja" zu Olympia sagt neben Hermann auch die grüne Stadtratsfraktion in München. "Wir bleiben bei unserer Haltung", sagt der Fraktionschef Siegfried Benker der taz. "Schließlich haben wir dafür gesorgt, dass ein ökologisches Konzept erarbeitet wurde."

Alles soll beim Alten bleiben: Der grüne Stadtrat Boris Schwartz wird weiterhin für die Olympiabewerbungsgesellschaft arbeiten, die Stadträte Sabine Krieger und Jutta Koller wollen weiterhin ihre Homepage "Olympija" betreiben.

"Ich sehe da kein Problem", sagt Benker. "Schließlich versuchen die beiden nur, Proargumente rüberzubringen." Bei seiner Haltung bleibt auch der einzige Bundestagsabgeordnete aus München, Jerzy Montag. "Wenn es gelingt, ökologische Standards einzufordern, bin ich für die Bewerbung", sagt er der taz.

Zusammengefasst setzen die Befürworter bei den Grünen darauf, die ökologischsten Spiele aller Zeiten auszurichten. Sie wollen mitmachen, direkt an den Hebeln der Macht drehen. Die Gegner der Spiele bezweifeln, dass es überhaupt möglich ist, in Oberbayern "grüne" Winterspiele auszurichten. Sie fühlen sich vom Votum der Basis bestärkt, sind stolz darauf, bundesweit einen Beschluss gegen Olympia erwirkt zu haben, obwohl Vertreter der Grünen-Spitze bis zur Stimmabgabe Druck auf die Delegierten ausgeübt hatten.

Die Gegner wollen weitermachen. "Wir holen mehr raus als die, die mitarbeiten", sagt der grüne Landesvorsitzende Dieter Janecek der taz. "Dank uns bleibt zum Beispiel der Grüngürtel in Garmisch-Partenkirchen erhalten."

Janecek erwähnt Garmisch-Partenkirchen nicht ohne Hintergedanken. Er weiß auch, dass letztendlich im Alpenort die Entscheidung fällt, ob München den Zuschlag für die Olympischen Spiele erhält.

Die Rechnung ist einfach: Pro-Olympia-Stimmung im Ort = gute Chancen für die Spiele. Eine schlechte Stimmung dagegen dürften die Olympiaplaner weit mehr fürchten als jeden Beschluss der Grünen. Auf jeden Fall spielt das Parteitagsvotum in ihren Planungen kaum eine Rolle: Freitag präsentieren Kati Witt und der Münchner Oberbürgermeister Christian Ude ihre Bewerbung vorm Europäischen Olympischen Komitee in Belgrad.

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