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Müll im MauerparkBürger sorgen selbst für Ordnung

Ein privater Ordnungsdienst soll dafür sorgen, dass der Park sauberer wird. "Bürgerwehr" nennen das Kritiker, "Bürgerengagement" der grüne Stadtrat.

Wenn hier nur jeder Dritte ein bisschen Müll liegen lässt, sieht es schnell nach Müllkippe aus. Bild: dpa, Bernd Von Jutrczenka

Viele Besucher machen viele Probleme. Das bekommt auch der Mauerpark zu spüren, seitdem sich an sommerlichen Wochenenden bis zu 50.000 Besucher durch die Grünfläche schlängeln. Ob fehlendes Notfallkonzept, große Müllberge, ein Mangel an Toiletten oder fliegende Händler, die sonntags ihre Getränke anbieten und damit gegen die Ladenöffnungszeiten verstoßen: An vielen Stellen gibt es Verbesserungsbedarf, damit der Park nicht eines Tages den Übernutzungstod stirbt.

Ein Konzept, das sich dieser Probleme annimmt, hat Anfang der vergangenen Woche eine Gruppe vorgestellt, die aus Betreibern des Mauerpark-Flohmarktes, des angrenzenden Biergartens Mauersegler sowie des Vereins Freunde des Mauerparks besteht. Hilfe zur Selbsthilfe lautet das Motto, denn finanziert und umgesetzt werden sollen die Pläne nicht vom Bezirk, sondern von Mitgliedern und Angestellten der Gruppe selbst. Ausnahme ist der Notfallplan, den Feuerwehr und Polizei gemeinsam erstellen sollen.

Neben Dixi-Klos, zusätzlichen Müllsammlern und einem Info-Pavillion ist vorgesehen, dass die Versorgung der Parkbesucher mit Getränken und Essen in Zukunft ausschließlich durch den Biergarten und den Flohmarkt-Betreiber erfolgt. Dieses Exklusivrecht sollen die beiden Gewerbetreibenden als Ausgleich für die Kosten erhalten, die ihnen durch die Umsetzung des Konzeptes entstehen. Neben dem Genannten gehört dazu auch die Bezahlung der Leute, die im Park unterwegs sein sollen, um gezielt auf dessen Gäste zuzugehen und sie auf Regeln wie die Nachtruhe oder das Nutzen der Grillplätze hinzuweisen sowie das Ordnungsamt auf illegale Getränkeverkäufer aufmerksam zu machen. "Ansprechpartner" werden diese im Konzept genannt, um die bösen Worte Ranger oder auch Bürgerwehr zu umgehen, die einem dabei gleich in den Sinn kommen.

Zumindest Heiner Funken von der Stiftung Weltbürger-Park, die sich ebenfalls für den Park und dessen Erweiterung engagiert, aber nicht mit am Tisch saß, als das Konzept erarbeitet wurde. "Wir verstehen nicht, warum die komplette Versorgung des Parks an zwei Monopolisten geht, die sich mit den sogenannten Ansprechpartnern auch gleich noch ein eigenes Überwachungssystem schaffen", sagt er. "Mir wurde als Kind das Petzen verboten." Nichts anderes aber sei die Aufgabe des privaten Ordnungsdienstes, der ausschließlich dazu geschaffen würde, illegale Händler beim Ordnungsamt anzuschwärzen und damit die Mitbewerber der beiden großen Gewerbetreibenden aus dem Weg zu räumen.

Auch Funken sieht Handlungsbedarf, vor allem war das Müllproblem des Parks angeht. Hier nimmt er aber den Bezirk in die Pflicht. "Ich bin skeptisch, wenn staatliche Aufgaben Gewerbetreibenden überlassen werden", meint er. Für die fliegenden Händler müsse es Ausnahmeregelungen geben, statt sie komplett aus dem Park zu verdrängen. "Sie gehören zum besonderen Flair des Mauerparks dazu. Das vorgestellte Konzept macht die Atmosphäre kaputt."

Ein hartes Urteil, hat die Gruppe um die Gewerbetreibenden sich doch gerade diese zu erhalten als Hauptziel gesetzt. "Der Mauerpark braucht besondere Lösungen, und da wir von dem großen Andrang natürlich profitieren, wollen wir uns dabei einbringen", sagt Sylvio Krüger vom Mauersegler. Er sieht die Ansprechpartner nicht als Ordnungshüter, sondern als Kommunikationsangebot. "Das werden zwei Leute sein, die einem mal eine Mülltüte in die Hand drücken oder auf eine problematische Situation hinweisen", sagt Krüger. Wenn man jetzt nicht auf diesem Wege versuche, der Probleme Herr zu werden, müsste sich eines Tages die Polizei damit auseinandersetzten. Dass er und sein Kollege vom Flohmarkt für ihre Investitionen mit dem exklusiven Verkaufsrecht belohnt würden, findet er nur fair. "Es gibt nun mal ein Sonntagsverkaufsverbot, das haben wir uns nicht ausgedacht."

Jens-Holger Kirchner, Pankows grüner Stadtrat für öffentliche Ordnung, sieht das ähnlich: "Die Ladenöffnungszeiten kann man nicht einfach so aushebeln." Wenn Flohmarkt und Mauersegler sich allein um die Entsorgung des Mülls kümmerten, sei es auch ihr Recht, exklusiv die Versorgung mit Essen und Getränken zu übernehmen.

Auch den Begriff Ranger will Kirchner nicht hören. "Die Alternative wäre, Hundertschaften der Polizei in den Park zu schicken, um die Situation im Griff zu behalten", meint er. Er befürworte das Konzept, da sich die Bürger damit selbst für ihren Park engagierten. "Dahinter stecken Anwohner vor Ort, die wollen Kommunikation und keine Restriktion." Die Kritik empfindet er als Diskreditierung von Bürgerengagement.

Mit diesem Rückenwind aus der Politik wird das Konzept nun umgesetzt. Erste Testläufe sind für den Herbst geplant; richtig zum Einsatz kommen soll es aber erst im Frühjahr nächsten Jahres.

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12 Kommentare

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  • J
    johann

    Es kann nicht angehen das gegen Ruhe und Ordnung sich zwei oder drei people die Tachen voller Geld schaufeln

    -ob ein privater sicherheitsdienst, und ein solcher wäre es kurz überlang da er natürlich vorrangig die exkluivrechte seiner auftraggeber schützen wird, wirklich erstrebenswert ist erscheint mir fraglich.

     

    das die Grünen dies unter dem Mäntelchen der "Bürgerbeteiligung" mittragen wollen erscheint mir obzön.

    Das Herr Kirchner als einzige Alternative Hunderschaften von Polizei sieht erscheint mir als verantwortungsloses Geschaffel

     

    Warum ist nicht mit der Stiftung Weltbürgerpark gesprochen worden???

    Ihr Ziel ist es immerhin den Mauerpark mit privaten Geldern zu kaufen und für die Öffentlichkeit zu erhalten.

     

    Sollten die Grünen ernsthaft erwägen auf die vorgesehene Weise eine Privatisierung des Parkes mitzutragen freu ich mich jetzt schon auf die nächsten Landesparteitage.

     

    mit ärgerlichen Gruss

     

    Johann

  • S
    Slimak

    Das ist doch schon mal ein netter kleiner Vorgeschmack auf die Ära nach der Berlinwahl, wenn unsere grünen Freunde von der bürgerlichen Besserverdienerfraktion das Sagen haben. Vielleicht wachen einige Leute mal langsam auf und fragen sich, ob die Einschränkung der Lebensqualität für Normalos deshalb weniger schwer wiegt, weil sie von Grünen getragen wird, die mit Exklusion bekanntlich nicht wirklich ein Problem haben, im Gegenteil - wie wir hier sehen.

  • AK
    Anna- Katharina

    Das Erteilen von Ausnahmegenehmigungen (hier für Kleinhandel) gehört zu den Gestaltungsspielräumen und -möglichkeiten der Bezirksstadträte. Es ist sehr sinnvoll u. besonders wünschenswert das in der Sache Mauerpark diese Möglichkeiten im Sinne der Kleinexistenzen genutzt werden.

    Wir neigen dazu, den Grünen, in politischen und gesellschaftlichen Gestaltungsfragen, mit einem positiven Vorurteil zu begegnen. Hier besteht die Möglichkeit diesen Vertrauenskredit im richtigen Sinne zum Wohle des Lebensgefühls und der kreativen Kultur des Mauerparks einzulösen und zwar dadurch, dass Möglichkeiten geschaffen werden, die die Nischenexistenzen mit einbinden, statt sie zu vertreiben.

    Mein Appell geht an die Pankower u. Mitte Grünen: beratet Euren Stadtrat und sichert die Kleinexistenzen!

  • DM
    dr. motte

    es fehlt an mülltonnen! es fehlt an verantwortungs-bewußtsein. es fehlt an ethik bei allen. es fehlt der sinn für schönheit. wenn der mauerpark privatisiert wird, kann ich dann auch meine steuern einbehalten? warum ist man gegen die bebauung des mauerparks im wedding? der bezirk tut nichts. warum zahle ich dann steuern im prenzlauer berg? dafür das alles privatisiert ist? warum zahle ich dann steuern im prenzlauer berg? für das finanzamt, das mich überwacht und bestraft? nur deswegen weil es das gibt? warum gibt es die parkraumbewirtschaftung? wem gehört die straße? warum zahle ich steuern in prenzlauer berg? weil eurovia das geld haben will, für den umbau berlins in fahrradfahrer freundlich straßen, wie in der kastanineallee21. und ich werde einfach übergangen, obwohl ein volksentscheid im raume steht? warum zahle ich steuern in prenzlauer berg? dafür das der bezirk nicht sein aufgaben macht und sie an private weiter gibt, wie im mauerpark? warum zahle ich steuern im prenzlauer berg? warum zahle ich dann steuern im prenzlauer berg? ich werde am 24. september wählen gehen und meinen wahlschein ungültig machen. machst du mit?

  • DM
    dr. motte

    ein amrmutzeugniß! aha, da weht der wind. dann bin ich für eine knallharte umsetzung des sonntags-verkaufverbots! oder es dürfen alle sich beteiligien. mauersegler und vergrößert seine verkauffläche am sonntag? das ist doch ein riesengeschäft! ich erhebe einspruch! werden wir schon wieder getäuscht? warum zahle ich steuern in prnzl berg? wird alles im bezirk privatisiert? ich bin empört! es gibt genug arbeitslose die sich gerne ein paar euro dazuverdienen würden! die interessenlage liegt schief! vielleicht ist das ja beabsichtigt. erst den mauerpark verkommen zu lassen um dann ein geschäft daraus zu machen? das ist nicht ehrenvoll aber scheinheilig. ehrliche absichten sehen anders aus. wenn das ego regiert sind grundwerte der ethik gestorben. . . private raus aus dem mauerpark! mauerpark für alle!

  • AM
    AnliegerInitiative Marthashof AIM

    Auffällig wie Polizeigewerkschafter Klaus Eisenreich sich hier auf rbb ( http://bit.ly/k8jFCu ) gezwungen sieht den Stadtrat für öffentliche Ordnung und grünen Bürgermeisterkandidaten für Pankow Jens-Holger Kirchner,wegen seinen Mauerpark-Privat-Rangern zu tadeln: "Wir leben doch in einem Rechtsstaat!"

    Unverständlich, dass die vom Berliner Kurier doppelsinnig als "Müllbürger" bezeichneten Personen sich geradezu drängen, als "Kirchner-Ranger" wie sie im Oderberger-Dreieck bezeichnet werden, zu fungieren.

    Ebenda wird dieses FdM-Grüppchen übrigens auch als "Freunde der Bebauung des Mauerparks bezeichnet",u.a. deshalb, weil sie bis zum bitteren Ende die von SPD-Mitte-Stadtrat Ephraim Gothe eigens zur Rechtfertigung der Mauerpark-Bebauung initiierte Bürgerwerkstatt("Gothe-Werkstatt21")heftig verteidigt haben wie aus diesem Dialog hervorgeht:

    http://www.prenzlauerberg-nachrichten.de/politik/_/burgerwerkstatt-wird-der-geldhahn-abgedreht-17332.html#comments

    Wenn man sich deren Nähe zu den Herren Kircher,Gothe und auch Köhne anschaut, könnte man meinen, diese Leute sonnen sich einfach gern im Abglanz der Macht.

  • T
    Tom

    Unfassbar, da wollen sich einige Unternehmer ihre Pfründe sichern und ausgerechnet der Grüne Stadtrat unterstützt das auch noch. Ich bin enttäuscht!

  • R
    Robert

    Warum nehmen die "Feiernden" eigentlich ihren mitgebrachten Müll nicht wieder mit bzw. entsorgen ihn in den bereitgestellten Behältern?

     

    Egal ob Hasenheide, Volkspark Friedrichshain, Mauerpark, Tiergarten, Admiralsbrücke, Görlitzer Park, Fanmeile 17.Juni,... Es scheint in Berlin eine Art Grundrecht zu geben, seinen Müll einfach so in die Stadt zu kippen. Ich würde ja mal der BSR vorschlagen, den Dreck einfach liegen zu lassen. Mal sehen, was geschieht?

  • S
    Soundso

    Als ehemaliger Anwohner, der die Entwicklung als Spasspark miterlebt hat, finde ich den jetzigen Zustand der Übernutzung, bei der viele Gäste von außerhalb kommen und daher kein langfristiges Interesse für den Park haben, nicht gut. Allerdings habe ich die freie Atmosphäre, die in unserer freien Republik immer weniger vorhanden ist, immer sehr geschätzt. Selber habe ich bei sehr rücksichtslosen Verhalten die Leute angesprochen, wobei mir auch manchmal Schläge angedroht wurde (Rücksichtloses Verhalten = mit Roller; Motorrad etc. über die Wiese fahren). Aber, dass jetzt Ordnungswillys mit evt. Hausmeistereinstellungen durch den Park laufen empfinde ich als Rückwärtsessen. Damit ist der Park gestorben, für mich jedenfalls. Die exklusiven Verkaufsrechte stellen doch eine Privatisierung da.

     

    Grüße

     

    Frank

  • A
    ande

    Es ist doch immer wieder schön zu sehen, wie Privatunternehmer versuchen sich den öffentlichen Raum mit vorgeschobenen Argumenten einzuverleiben. Ein Monopol auf Getränkeverkauf, man hab ich gelacht.

     

    Und der Stadtrat stimmt noch zu, ist der Mann blind oder sieht er nur seine Satdtkasse??

  • I
    idrian

    Die Trödelmaktafia hat den Bezirk geschmiert um die Gastrorechte zu erhalten.

     

    Alles jedoch völlig unrechtmäßig, da der Bezirk seine Vertretungsbefugnisse damit überschreitet:

    Is ja hier kein Privatpark eines grünen Abgeordneten!

  • D
    Daniel

    Scheisse.

    Ich kann mir gut vorstellen, dass die selbsternannten Wachsoldaten ordentlich aufs Maul bekommen...

     

    Schon wieder setzen sich wirtschaftliche Interessen gegen die Interessen der Bevölkerung durch. Natürlich sind die Leute nicht über den Müll erfreut. Aber jeder sollte bestmöglich seinen Müll selbst wegräumen und den Rest hat der Bezirk zu erledigen. Dieser profitiert schließlich auch davon. Und hier kleine Ordnungsfetischisten ihre Fascho-Träume ausleben lassen, sollte verboten sein.