Mügelner Bürgermeister: Zentralrat der Juden fordert Rücktritt
Der Zentralrat der Juden ist entsetzt über die jüngsten Äußerungen des Mügelner Bürgermeisters. Wegen der Hetzjagd wird inzwischen gegen zwölf Verdächtige ermittelt.
BERLIN taz/dpa/afp Der Generalsekretär des Zentralrats der Juden in Deutschland, Stephan Kramer, hat den Bürgermeister von Mügeln zum Rücktritt aufgefordert. Der FDP-Bürgermeister Gotthard Deuse sei "das Spiegelbild der Gesellschaft, aus der heraus er gewählt wurde", sagte Kramer am Donnerstagabend in der N24-Sendung "Studio Friedman". Nach der Hetzjagd auf acht Inder in der sächsischen Kleinstadt hatte Deuse über eine Vorverurteilung der Einwohner von Mügeln geklagt. Über die fremdenfeindlichen Rufe in der Tatnacht sagte er: "Solche Parolen können jedem mal über die Lippen kommen."
Zugleich vertrat der Generalsekretär des Zentralrats die Auffassung, dass es in Ostdeutschland "demokratiefreie Zonen" gebe. Der Rechtsstaat könne sich dort nicht mehr bewegen, sagte Kramer. Auf die Frage, ob er nachts in einer kleinen ostdeutschen Stadt spazieren gehen würde, antwortete er: "Ich würde es nicht tun, denn ich bin nicht lebensmüde."
Die Staatsanwaltschaft ermittelt inzwischen gegen zwölf Tatverdächtige wegen der Hetzjagd. Die Männer im Alter von 17 bis 35 Jahren stammen aus Mügeln und Umgebung, wie die Behörde am Freitag in Leipzig mitteilte. Nach den bislang vorliegenden Unterlagen sei keiner von ihnen zuvor wegen rechtsextremer Straftaten aufgefallen. Die Polizei hat den Angaben zufolge bisher mehr als 125 Zeugen vernommen. Dazu gehören auch die acht Inder, die bei dem Stadtfest in Mügeln von einem Mob von etwa 50 Menschen verfolgt wurden. Bei der Hatz waren 14 Menschen verletzt worden, darunter alle acht Inder.
Nach neuen umstrittenen Aussagen des Mügelner Bürgermeisters Gotthard Deuse (FDP) haben sich inzwischen führende FDP-Politiker von ihrem Parteikollegen distanziert. "Es darf keinerlei Relativierung von Gewalttaten und ausländerfeindlicher Gesinnung geben", sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel dem "Tagesspiegel". Deuse hatte in einem am Donnerstag im Internet erschienenen Interview mit dem rechtskonservativen Blatt "Junge Freiheit" Rechtsextremismus als Motiv für die Hetzjagd auf Inder in seiner Stadt ausgeschlossen. Hinzugefügt hatte er: "Ich zum Beispiel bin stolz darauf, Deutscher zu sein."
Niebel machte deutlich, dass Deuse mit seinen Aussagen nicht für die FDP spreche. Der Bürgermeister sei selbst dafür verantwortlich, was er wem sage. Der niedersächsische FDP-Fraktionsvorsitzende Philipp Rösler nannte Deusers Aussagen "erschreckend". Das Verhalten müsse auf der Präsidiumssitzung der Partei am Montag zur Sprache gebracht werden, sagte Rösler dem "Kölner Stadtanzeiger". "Diese Form von Verharmlosung entspricht nicht der Geisteshaltung einer liberalen Partei", fügte der Politiker hinzu.
Der Vorsitzende des Bundestagsinnenausschusses, Sebastian Edathy (SPD), hatte FDP-Chef Guido Westerwelle zuvor aufgefordert, sich von seinem Parteifreund zu distanzieren. "Es ist an der Zeit, dass der Parteivorsitzende Guido Westerwelle Herrn Deuse zur Ordnung ruft und klar stellt, dass dieser nicht für die FDP spricht", sagte Edathy der in Halle erscheinenden "Mitteldeutschen Zeitung". Außerdem legte er Deuse selbst den Rücktritt nahe. Anders als von dem Bürgermeister dargestellt, habe es in Mügeln "eine Pogromstimmung gegen aus dem Ausland stammende Mitbürger gegeben".
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