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Muckibude rules

■ Sporty- oder Indie-Spice: Melanie C für einige in Hamburg

Bald werden wieder vornehmlich weibliche Pubertierende die Musikregale stürmen – und somit das dritte Album der Spice Girls die Charts. Die Pause nach dem ansehnlichen Verkaufserfolg von 40 Millionen Platten wird die Gier der riesigen Fangemeinde kaum eingdämmt haben. Denn Trost spendete die Aussicht auf Soloprojekte der vier Ladies.

Was das Debut von Baby-Spice Emma Bunton bringen wird, steht noch in den Sternen. Fußballer-Gattin Victoria Beckham lässt sich durch den mäßigen Erfolg ihrer Single vielleicht davon abhalten, mit einer größeren Angelegenheit durchstarten zu wollen. Erhältlich ist aber schon Hot von Melanie B, angeblich ein auch beim Abwaschen gut zu ertragender Soul-Pop-Dance-Mix. Diese Tätigkeit lässt dann auch Raum für das Sinnieren über den drallen Busen der Sängerin und darüber, ob sie sich den knappen Bikini auf dem Cover schon vor der Bekanntschaft mit ihrem neuen Freund gekauft hat: beweisen ließe sich so nämlich Mel Bs These, dass bei häufigem gutem Sex die Oberweite auch ohne Silikon anschwillt.

Die vierte in Bunde machte schon vor einem Jahr Nägel mit Köpfen. Melanie Chisholm zog nach L.A., um sich auf ihre Indie-Wurzeln zu besinnen. Heraus kam nach dreimonatiger Studioarbeit und Rumflippen mit anderen lockeren Stars Northern Star. Bei dessen Produktion hatten neben anderen Größen keine geringeren als William Orbit und Rick Rubin ihre Finger im Spiel. Da ist es fast erheiternd, dass Melanie C unter den Kollegen prompt die Red Hot Chili Peppers und Madonna zu ihren Favoriten zählt.

Auf dem Album spürt man von der Affinität zu erstgenannten zwar nichts, dafür gibt es aber eimerweise Pop. Die Bank dankt. Der ambitiöse Versuch, genreüberschreitende Musik zu machen, darf wohl als gescheitert betrachtet werden. Die als überdurchschnittlich durchschlagend zu verbuchende Single „Never Be The Same Again“ bezeugt, dass auch Mel C die derzeitige Attraktivität von HipHop-Beats und unaufgeregtem Gerappe nicht verborgen geblieben ist. Ausrufe wie „fett“ blieben jedoch berechtigterweise aus. Und den Lead Rap besorgte vorsichtshalber gleich Lisa Left Eye Lopes von TLC.

Dabei ist Sporty Spice selbst keineswegs so schwach auf der Brust wie ihre Gewürz-Schwestern. Von einem groß angelegten Repertoire sollte man da allerdings nicht sprechen. Verinnerlicht nach bereits einmaligem Hören, ist in der Folge Mitsummen garantiert. „Turn To You“ etwa leiht sich in der Single-Version Techno-Sounds von ziemlich ungefährlicher Gangart, und das Video dazu mag man besser zu vergessen suchen: Chisholms blondierte und ausgehangene Pudelfrisur ist noch nicht das Schlimmste daran.

Live allerdings soll Melanie C einiges zu bieten haben. Nach unablässigen Touren quer über den Globus beehrt sie ab Sonntag Deutschland. So wie sich auch die Presse seit Northern Star nicht so recht zwischen den Etiketten Sporty- und Indie-Spice entscheiden kann, ist auch der Wunsch eines männlichen Fans im Internet-Gästebuch ambivalent geprägt: „Ich würde Mel C zu gerne einmal nackt in ihrem Trainingsanzug sehen.“

Ob mit Aussicht auf nackicht oder ohne: Seit Wochen ist die Große Freiheit ausverkauft, so dass jetzt die Zahl jener feststeht, die sich eigenen Auges davon überzeugen können, dass das Spice Girl zu den gesegneten Mittzwanzigerinnen gehört, die ihren Trizeps noch voll unter Kontrolle haben. Muckibude rules!

Sonntag, 20 Uhr, Große Freiheit, das Konzert ist ausverkauft

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