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■ DaumenkinoMr. Right

Fassungslos starrt man auf eine Kinoleinwand voller Frisuren, die sich zu langsam schwingendem Soul wellen, kräuseln oder fönen lassen. Dann wandert die Kamera sanft ein Stück Halsmuskulatur ab und gleitet von der Schulter am ärmellosen schwarzen Kleid hinunter bis zur Hüfte. Im Spiegel sieht man derweil das schmale Alabastergesicht von Whitney Houston – voll der bangen Gewißheit, daß kein Arm und keine Lende sie in dieser Silvesternacht wird wärmen kommen. Einsam wogt der Busen, und das wallende Blut, ach, es verkocht in einem pflaumenfarbenen Apartment. Soweit das Liebesleben von Savannah, an deren Schicksal ein hallodriger Arzt schuld ist.

Wenig später bricht das Beziehungsschlamassel auch über Bernadine (Angela Bassett) herein. Am Schminktisch läßt ihr Gatte sie für seine weiße Sekretärin sitzen. Sie rast und tost, verstaut all sein Hab und Gut in einem BMW der 7er-Serie und brennt das Kroppzeug nieder. Dann geht sie heulend zum Friseur. Oder Robin (Loretta Devine): Ihr wäre jeder Kerl willkommen, der sie nur gut behandeln würde, beim Küssen die Zähne auseinanderbekäme und danach nicht gleich einschliefe. Statt dessen trifft sie sich abwechselnd mit einem dicklichen Bürohengst und einem ebenso unappetitlichen Homeboy, der ständig kifft und sie im Rausch mit Apfelsinen bewirft. Schwanger wird sie von einem drahtigen Womanizer, der nebenbei eine Vollzeitehe führt. Allein mit Gloria (Lela Rochon) meint es die Liebe gut. Zunächst entfleucht der Vater ihres Sohnes zwar ins Homosexuelle, aber am Ende heiratet sie einen netten Heimwerker aus der Nachbarschaft.

Das alles wird zwei Stunden lang bei diversen Weinrunden und Geburtstagen beredet: Soll man nach der Scheidung den Trübsinn ins Kissen schnäuzen, analysieren lassen oder doch lieber den nächsten Kerl greifen? Gibt es ein Leben nach dem Höhepunkt? Welcher Festiger paßt zu meinem Typ? An den Männern wird auf sauber barbierte Bärte geachtet. Einige tragen Koteletten zum Anzug, andere kommen beim Sex schlecht aus den Unterhosen.

In Warten auf Mr. Right dreht sich die Welt um vier Freundinnen der gehobenen afroamerikanischen Mittelklasse, die Forrest Whitaker mit seinem Debüt zur Solidarität ermahnt. Der Geschlechterkampf als Beiprodukt des Civil Rights March, die Identität liegt in der festen Partnerschaft. Die beste Ehe führt ein bestaussehender schwarzer Rechtsanwalt, der seine krebskranke weiße Gattin bis in den Tod pflegt und beim Fremdgehen bloß kuschelt. Das Thema hätte Smokey Robinson in einem Schmusehit nach drei Minuten abgehakt. hf

„Waiting to Exhale – Warten auf Mr. Right“. Regie: Forest Whitaker; mit Whitney Houston, Angela Bassett, Loretta Devine, Lela Rochon; USA 1995, 123 Min.

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