Māori-Partei in Neuseeland: Nach rituellem Protesttanz droht Suspendierung vom Parlament
Drei indigene Abgeordnete werden in Neuseeland für einen Haka-Tanz ein bis drei Wochen vom Parlament ausgesperrt, sollte dessen Plenum einer Ausschussempfehlung folgen.

Der Gesetzentwurf sollte den Vertrag von Waitangi zuungunsten der Māori neu interpretieren und wurde damals in erster Lesung angenommen. Den Entwurf hatte die rechtsliberale ACT-Partei eingebracht, die zur konservativen Regierungskoalition gehört. Der Entwurf wurde aber im April dieses Jahres endgültig abgelehnt, nachdem er die größten Māori-Proteste in der Geschichte des Landes ausgelöst hatte.
Der Waitangi-Vertrag von 1840 zwischen britischer Krone und den damaligen Maori-Häuptlingen ist Neuseelands Gründungsdokument. Damals ermöglichten verschiedene Sprachversionen erst die Zustimmung der Māori. Die Briten brachen den Vertrag immer wieder, der aber letztlich in den vergangenen Jahrzehnten auch zu Entschädigungen an die Māori führte.
Haka-Tänze, die oft fälschlich auf Kriegstänze reduziert werden, sind ein anerkannter Teil der Kultur des Landes wie seines Marketings. Mit zum Teil furchterregenden Grimassen und herausgestreckten Zungen der Tänzer und Tänzerinnen werden Hakas auch vor Spielen der Rugby-Nationalmannschaft oder vor America's Cup Regatten des Team New Zealand aufgeführt.
Emotional wie Heidi Reichinnek
Auch im Parlament gab es schon Hakas, doch waren sie stets beantragt worden. Im November startete die mit 22 Jahren jüngste Abgeordnete Hana-Rawhiti Maipi-Clark aber spontan einen solchen Tanz, bei dem sie eine Kopie des umstrittenen Gesetzentwurfes zerriss. Ihr Tanz gleicht damit einer neuseeländisch-indigenen Version der emotionalen „Auf die Barrikaden!“-Bundestagsrede der Linkspolitikerin Heidi Reichennek vom Februar.
Maipi-Clarks Parteifreunde erhoben sich von ihren Plätzen und stimmten in den Tanz ein, auch Zuschauer auf der Tribüne machten mit. Der irritierte konservative Parlamentspräsident schien zunächst nicht zu wissen, wie im geschah, unterbrach dann aber die Debatte und ließ die Tribüne räumen.
Jetzt soll Maipi-Clark für 7, die anderen beiden Abgeordneten für je 21 Tage vom Parlament suspendiert werden, sofern das Plenum nächsten Dienstag dem Ausschuss folgt. Maipi-Clark bekommt eine geringere Strafe, weil sie anders als die anderen Reue zeigte. Ngarewa-Packer soll zudem beim Tanz eine Hand zu einer Pistole geformt und damit symbolisch auf Abgeordnete gezielt haben. Der Ausschuss wertete den Haka mehrheitlich als bedrohlich.
Die höchste je verhängte Suspendierung für Fehlverhalten von Abgeordneten betrug bisher nur drei Tage. Hinzu kommt, dass die drei, sollten sie entsprechend der parlamentarischen Mehrheitsverhältnisse jetzt wirklich suspendiert werden, die wichtigen Haushaltsberatungen verpassen würden.
Konservativer Māori Vizepremier sieht „Haus des Chaos“
Die Oppositionsparteien Labour und Grüne finden die Strafen überzogen. Labour hält maximal ein bis zwei Tage Sperre für angemessen, die Grünen sehen gar keinen Sanktionsbedarf.
Der konservative Vizepremier Winston Peters (80), ein manchmal populistischer wie opportunistischer Māori, beklagt hingegen einen generellen Sittenverfall im Parlament, das er auf X als „Haus des Chaos“ bezeichnet.
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