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Moon washed songs

■ Wenn The Cure ihr neues Album vorstellen, platzt die Zeitblase der 80er

Der Zottelmann ist wieder da und bringt wenig Überraschendes mit. Er sieht noch aus wie in unseren Träumen, weiß noch immer wo man Kajal verschmiert und fühlt sich blauschwarz wie eh und je. Nein, etwas dünner ist er geworden. Wieder mal! Trotzdem, wenn der nie zu Ende geborene Robert Smith nun in der bereits ausverkauften Markthalle über 20 Jahre Musikgeschichte schultert, dann steht er für Kontinuität, einen seltenen Wert in der Jugendkultur, die doch stets den Wandel proklamiert. Und wenn The Cure ihr 13. Album Bloodflowers vorstellen, werden wir in einer wohligen Zeitblase eingeschlossen und die 80er-Jahre kehren prima konserviert mit Zauberwürfel, Moonwashed-Jeans und eben New Wave zurück.

Keine andere Band hat die ursprünglich randständige New-Wave-Bewegung so sehr in die Gruft des Mainstreams gezerrt wie The Cure, wofür nicht nur 27 Millionen verkaufte Alben sprechen. Und ihr Einfluss scheint unter den nachwachsenden post- und präpubertär Verzweifelten ungebrochen. Als etwa in Littleton zwei Trenchcoat-Teenager in einer Schule Amok liefen, recherchierten honorige TV-Redakteure in der Kinderstube, um allen Ernstes The Cure und ihr angeblich fremdenfeindliches Debüt „Kiling An Arab“ für den Werteverfall der Jugend in Mithaftung zu nehmen. Dabei basierte der erste Song des Schülers der St. Wilfrid's Comprehensive School in Crawley/Sussex doch auf Camus' Der Fremde.

Von Anfang an ging es The Cure also um Existentialismus und auf die Spitze getriebenem Materialismus. Daher sollte man auch den Titel des neuen, sagen wir mal gediegen epischen Albums nicht missverstehen wollen. Volker Marquardt

Di, 1. Februar, 20 Uhr, Markthalle (ausverkauft) + 17. 4. Sporthalle

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