Montagskrimi im ZDF: Das Amrum-Quartett schlägt wieder zu
Das ZDF versteht Spaß und versucht mit Hinnerk Schönemann in einem sehr lustigen Nord-Western-Krimi ein Experiment: Nämlich keins zu wagen. Und das sehr erfolgreich.
BERLIN taz | Keine Experimente, so lautet bekanntlich die oberste Maxime des Adenauer-Fernsehens respektive ZDF. Grundsätzlich ist das gar nicht gut, manchmal aber sogar sehr gut. Wenn nämlich einmal ein ZDF-Film so richtig gut gelingt, dass ihn alle – einschließlich der Jury des Adolf Grimme Preises – belobhudeln, und das ZDF daraufhin den Verantwortlichen sagt, sie mögen doch bitte dasselbe einfach nochmal machen. Nicht genau dasselbe natürlich, aber eben fast dasselbe, keine Experimente.
Der im vergangenen Jahr so belobhudelte Film hieß "Mörder auf Amrum". Das Drehbuch hatte Holger Karsten Schmidt geschrieben; Regisseur war Markus Imboden; die Hauptrolle spielte Hinnerk Schönemann, die schönste Nebenrolle Thomas Thieme. Wie nun also dieses Quartett nicht genau dasselbe, aber eben fast dasselbe nochmal gemacht hat, ist Montagabend in "Mörderisches Wespennest" zu bestaunen.
Fast dasselbe bedeutet nun zum Beispiel, dass die Handlung nicht etwa wieder auf Amrum spielt, sondern in dem niedersächsischen Kaff Aschberg. Wichtig ist nur, irgendwo in der norddeutschen Einöde, im Land der "Karniggels" muss es sein.
Thomas Thieme, "Der Mann aus der Pfalz", gerade noch auf der Berlinale als "blutsatt durchtränkter" Nazi-Dichter Will Vesper zu sehen, gibt, wie in "Mörder auf Amrum", den wenig hilfreichen Dorfbullen, der diesmal Mühlfellner heißt, wie der Oberbösewicht. Den spielt Uwe Bohm, mit irrem, bei Dennis Hopper abgegucktem Lachen. Und mit Sturmgewehr.
Unseren Helden – der wieder großartige Hinnerk Schönemann verkörpert anders als in "Amrum" keinen Polizisten, sondern, fast dasselbe, einen Privatdetektiv, Finn Zehender – kann das nicht wirklich schrecken, auch er hat seine Vorbilder: Er probt regelmäßig vorm Spiegel stehend den Taxi-Driver-steht-vorm-Spiegel-Monolog ("Are you talking to me?"). Geballert wird dann ergo nicht wenig, der Film ist – auch – ein Western.
Der große Shootout kommt allerdings schon beinahe eine halbe Stunde vor Schluss, das finale Duell wird ein Memory-Spiel sein. (Der Film ist ein Western in der norddeutschen Tiefebene.) Und Finn Zehender hat entgegen seinem Wunschdenken sehr viel mehr mit Peter Falk gemein als mit Robert de Niro. Seine längst ausgemachten Gegenspieler wiegt er in bester Inspektor-Columbo-Manier erstmal in trügerischer Sicherheit: "Ich tappe noch völlig im Dunkeln. Aber das ist bei mir meist so."
Von wegen. Der Provinz-Columbo wird am Ende einen Mord aufgeklärt und außerdem ein ganzes Nest korrupter Spezl (die in Niedersachsen so natürlich niemand nennen würde) ausgehoben haben. Nicht ganz allein, sondern mit der tatkräftigen Unterstützung zweier junger Frauen: Anna Wippermann (Daniela Schulz) ist Polizistin seit einer Woche. Die andere (Katja Danowski) stellt sich vor als "Agnes Sonntag, leitende Staatsanwältin". Sie wird bald ihr Jura-Examen machen.
Aber wie war Finn Zehenders Auftraggeberin (Anna Schudt) eigentlich auf ihn gekommen? "War das die Anzeige im Telefonbuch oder war es der gelungene Internet-Auftritt?" / "Sie war'n der billigste." Wie charmant, da kann sie ihm jetzt wenigstens sagen, "als was ich mich da ausgeben soll, wenn ich da rumschnüffel und mich jemand fragt, was ich da verloren hab'? Als entfernter Verwandter vielleicht?" / "Oh nein, nicht ,entfernter Verwandter'. Nicht dieser Ausdruck – meine Schwester hat grad 'ne Abtreibung hinter sich."
So schöne schlechte Witze könnte das ZDF durchaus häufiger zur Primetime senden. Mindestens einmal noch wird es das tun. Holger Karsten Schmidt und Markus Imboden planen schon ihren sechsten gemeinsamen Film: "Wespennest 2: Finn Zehender – Tod einer Brieftaube". Adenauer, hätte er Englisch gekonnt, hätte es auch so sagen können: Never change a winnig team.
"Mörderisches Wespennest", Mo. 21.2., 20.15 Uhr, ZDF
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Bundestagswahl am 23. Februar
An der Wählerschaft vorbei
Erderwärmung und Donald Trump
Kipppunkt für unseren Klimaschutz
EU-Gipfel zur Ukraine-Frage
Am Horizont droht Trump – und die EU ist leider planlos
Wirbel um KI von Apple
BBC kritisiert „Apple Intelligence“