■ Nutzung für den neuen Planeten (falls da niemand ist): Monika Maron aus der Welt
Wer einen Beruf ausübt, wird mit denen in Verbindung gebracht, die denselben Beruf haben. Meistens, manchmal, irgendwie, mehr oder weniger. Das mag dumm sein, ist aber so. – Was machen Sie denn so? Metzger. Aha. – Was machen Sie denn so? DJ. Ooohhh!
Insgesamt eine sehr spannende Problemzone, allein schon wenn man bedenkt, daß die eine Branche unberechtigt jahrhundertelang einen guten Ruf hat, der in der anderen Branche in wenigen Tagen total versaut sein kann. Wer möchte zur Zeit Münchner Polizist sein, Kollege der beiden, die in der Silvesternacht betrunken ihr unschuldiges Dienstzimmer abgeknallt haben?
Aber es gibt auch eine Branche, für deren allgemeinen Ruf es vollkommen egal ist, was die einzelnen Mitglieder sind oder tun oder wie sie's tun. Der Prozentsatz an Dummköpfen, Hühnerfickern, Rassisten, Lügnern oder was immer mag täglich größer werden – diese Branche wird bis in alle Ewigkeit in den Wunschberufslisten nicht nur von Jugendlichen ganz oben mitspielen. Daß der allgemeine Ruf nie richtig angekratzt werden kann, ist für das einzelne Mitglied logischerweise angenehm. Man muß jetzt in einem Lokal keine Angst haben, daß einem, wenn man einer Fremden seinen Beruf nennt, Verachtung entgegenschlägt, nur weil's da eben einen Martin Walser gibt oder zehn oder zwanzig oder in der Geschichte diese und jenen. Alles egal eben! Aber erzähl mal, daß du Soldat bist, das ist an manchen Orten gar nicht lustig, und das ist eigentlich ungerecht.
Dennoch, dennoch wird's mir langsam unheimlich. Oh Gott, sag ich, wenn ich so meine ein bis drei Blätter täglich aufschlage, wer wird heute wieder was erzählen?! Die Presse ist schuld, sie soll endlich aufhören, diese Leute zu befragen! Denn leider sind ja die wenigsten so lustig und gutherzig wie der Münchner Lektor Matthias Politycki, der nicht nur Romane, sondern auch „Essays, Reden, Poetik-Vorlesungen“ schreibt.
Und kürzlich dem dortigen Stadtmagazin erzählte: „Dieselbe Glaubwürdigkeit wie in einem Rocksong muß auch in einem Buch zu spüren sein.“ Ach, das geht schon, trotz „Rocksong“ und überhaupt, Pi mal Daumen ganz in Ordnung. Was natürlich nicht heißt, man möchte alles unterschreiben (bei wem will man das), was er manchmal geradezu manifesthaft sagt, etwa wenn er die „78er“-Generation (seine größte Erfindung übrigens) auffordert: „Habt Mut, mal Prügel zu kassieren, Debatten zu führen – egal was!“
Ich weiß nicht recht: egal was? Prügel kassieren für egal was, Debatten zu egal was? Echte Prügel oder nur so symbolische wie mit der „Moralkeule“? Da fällt mir übrigens Monika Maron ein, ein echtes Teufelsweib, hat irgendwie Mut, teilt kräftig aus und wird das, was sie kassieren wird, sicher leicht wegstecken. Weil sie sowieso nichts Nennenswertes kassieren wird, jede Wette, ihr Verleger wird sie nicht feuern.
Dem französischen Magazin Le Point hat sie, schreibt die Süddeutsche Zeitung am 10.1., erzählt: „Alle Länder der Welt erlauben es sich, die Deutschen zu beleidigen, und ich frage mich manchmal, ob wir nicht völlig verrückt sind, daß wir uns nicht wehren.“ Und: „Ich finde es unerträglich, daß die Nachbarländer uns gegenüber stets eine Haltung des Mißtrauens einnehmen. Wir erleben einen anti-deutschen Rassismus.“
Um eine Debatte kurz zu machen, die selbst dann unnötig lang wäre, wenn man die Details in diesen Maron-Sätzen wegläßt: Ich fände es in diesem Land erträglicher, wenn sich nicht alle, aber doch genügend Länder der Welt erlauben könnten, den deutschen Staat zu verpflichten, Typen wie Monika Maron auf diesen gerade entdeckten „ersten erdähnlichen Planeten außerhalb unseres Sonnensystems“ zu verfrachten, falls er unbewohnt ist, versteht sich.
Entfernung: 25.000 Lichtjahre. Zeit genug für die nicht wenigen Literaten an Bord, aus ihren Werken vorzulesen und zu diskutieren, mit den Kolleginnen, Kollegen, auch anderen Menschen. Zuwenig Zeit, fürchte ich, als daß sie viel über die Geschichte des Ortes lernen könnten, den sie grade verlassen haben. Franz Dobler
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen