Monarchie in Spanien: Der König, Frauen, Geld und die Diktatur
Ex-König Juan Carlos I. wäscht sich mit seinen Memoiren rein. Er verherrlicht den Diktator Franco und klagt über seinen Sohn, den heutigen König.
Spaniens Altkönig Juan Carlos I. macht wieder einmal von sich reden. Der seit 2020 in Abu Dhabi lebende heute 87-Jährige hat seine Memoiren veröffentlicht. Das 500-seitige Buch „Aussöhnung“, das vor einem Monat in Frankreich und diese Woche in Spanien erschien, sorgt wegen seines Inhaltes wie seiner Lücken für Polemik.
Juan Carlos I. spricht nur wenig über seine Liebschaften, obwohl eine davon ihn so in Missgunst brachte, dass er den Thron an seinen Sohn Felipe VI. abgab. Und kein Wort zur Steuerhinterziehung, die der Grund für seinen Wohnsitzwechsel in die Emirate war – und die straffrei blieb, weil ein König in Spanien laut Verfassung unantastbar ist.
„Ich bereue nichts. Alle Männer begehen Fehler“, erklärte er in einem Fernsehinterview bei France 3 zur Vorstellung des Buches. Manchmal habe er „der Familie nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet“. Er „hoffe, dass sie das entschuldigen und dass die Spanier verstehen, was ich getan habe.“
Es geht Juan Carlos um sein politisches Erbe. So erklärt der Altmonarch, warum er sich ans Schreiben machte, oder besser gesagt, jemanden für sich schreiben ließ: „Ich habe den Eindruck, dass sie mir meine Geschichte stehlen.“ Mit „sie“ meint er unter anderem die Linkskoalition unter dem Sozialisten Pedro Sánchez. Dort sitzen erklärte Verfechter der Republik. „Wenn die jetzige Regierung meine Person in Misskredit bringt, schwächt sie unsere Verfassung, weckt Zweifel an den Fortschritten des Übergangs zur Demokratie und an unserer Aussöhnung“, heißt es im Buch.
Starker Respekt für den brutalen Diktator
Er findet keine Worte für diejenigen, die sich dafür unter hohem Risiko in den Jahren der Diktatur des vor genau 50 Jahren verstorbenen Generals Francisco Franco und in den Jahren des Übergangs einsetzten. Ganz anders für den Diktator selbst. „Warum lügen? Es war es, der mich zum König gemacht hat.“ Wozu? „Um ein offeneres Regime zu schaffen.“ Der Diktator, der kurz vor seinem Tod noch fünf junge Linke hinrichten ließ, als Vater der Demokratie – eine Sicht, die nur die extreme Rechte in Spanien mit Juan Carlos teilen dürfte.
Er definiert Franco, in dessen Obhut er aufwuchs, nachdem sein Vater Juan de Borbón, der eigentliche Thronfolger der in den 1930er Jahren von der Republik gestürzten Dynastie, ihn nach Spanien schickte, um dort ausgebildet zu werden. Franco sei ein Mann gewesen, den er „ganz stark respektiere“ und dessen „Intelligenz und politisches Gespür“ er wertschätze. Er habe deshalb nie zugelassen, dass Franco in seiner Gegenwart kritisiert wurde.
1969 erklärte Franco den jungen Prinzen zum Nachfolger an der Staatsspitze. Am 22. November 1975, zwei Tage nach dem Tod des Diktators, wurde Juan Carlos vom franquistischen Parlament zum König ernannt und brachte dann – so seine Version – den Spaniern die Demokratie.
In einem Video, das der Altkönig veröffentlichte, nachdem der Verlag keine Werbeveranstaltungen mit ihm organisieren wollte, verspricht er den Älteren Erinnerungen zurückzubringen und fordert die Jüngeren auf, seinen Sohn Felipe VI. zu unterstützen. Als „unnötig“ und „unangebracht“ bezeichnete ein königlicher Sprecher das Video.
Opferverband beschwert sich über Äußerungen zu Franco
„Mein Sohn hat mir den Rücken gekehrt“, bedauert Juan Carlos. Sohn Felipe VI. versucht seit Jahren Distanz zum Vater zu wahren. Korruption, Steuerhinterziehung, Jagdausflüge nach Afrika, Frauengeschichten haben die Monarchie so in Verruf gebracht, dass sich heute Befürworter und Gegner bei Umfragen die Waage halten. Der Altkönig hat sein politisches Erbe selbst verspielt.
„Ich glaube, das Schwerwiegendste, was König Juan Carlos sagt, ist, dass Franco niemand entthronen oder auch nur destabilisieren konnte. Nun, er hat vergessen zu erwähnen, wie Franco es geschafft hat, jegliche Destabilisierung zu verhindern“, schimpft der Journalist Martín Bianchi im Privatradio Cadena Ser. „Wenn er weiterhin solche Sachen erzählt, werden sie die Republik wieder errichten.“
Der Opferverband ARMH reichte Beschwerde bei der Regierung ein und forderte Sanktionen für Juan Carlos’ die Diktator verherrlichenden Äußerungen über Franco.
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