Modernisierung in der Ukraine: „Wir können es selbst!“
Die Oppositionspolitikerin Salischtschuk hält die westlichen Berater für überflüssig und traut den Oligarchen nicht. Denn: „Sie wollen sich freikaufen“.
taz: Frau Salischtschuk, 250 Wirtschafts- und Politikgrößen aus ganz Europa haben mit drei ukrainischen Oligarchen einen Masterplan für die Modernisierung der Ukraine angekündigt. Was sagen Sie dazu?
Swetlana Salischtschuk: Ein Marshall-Plan sollte in der Ukraine ausgearbeitet werden – und zwar von der ukrainischen Regierung, dem Parlament, dem Präsidenten und unter Beteiligung der Zivilgesellschaft.
Warum sind Sie misstrauisch?
Es beunruhigt mich, dass der Masterplan von denselben Oligarchen verfasst wird, die die politische und wirtschaftliche Krise, mehr noch diesen Krieg, verursacht haben.
Inwieweit?
Dem Oligarchen Dmytro Firtasch haben wir die Droge zu verdanken, auf die er die Ukraine gesetzt hat, das Billiggas. Diese krankhafte Abhängigkeit hätte dem Land beinahe den Garaus gemacht. Nun soll der Gaspreis noch einmal um das Mehrfache steigen. Wenn man die rapide Abwertung der Währung Hrywnja bedenkt, nehmen die Kosten für die Bevölkerung katastrophale Ausmaße an. Das sorgt für Unmut. Das Gleiche lässt sich zu Rinat Achmetow sagen. In dem von ihm aufgebauten Riesenimperium war Präsident Janukowitsch der Hauptaktionär, ein Partner.
Was ist Ihre Vision?
Ich bin dagegen, dass das Modernisierungsprogramm der Ukraine von diesen Menschen geschrieben wird. Es ist eine neue Generation herangewachsen, die bereit ist und die genug Power besitzt, einen neuen Plan zu schreiben und ihn auch zu verwirklichen. Die Hand der Oligarchen ist noch in allen Strukturen, ob Energiesektor, Zollamt oder Gerichtswesen, allgegenwärtig. Sie sollen sich endlich zurückziehen. Wenn sie von den Machthebeln abgeschnitten würden, gäbe es im Land mehr Stabilität. Wir werden Jahre, wenn nicht Jahrzehnte brauchen, um die Augiasställe, die sie hinterlassen haben, sauber zu kriegen.
32, ist ukrainische Journalistin und Politikerin. Sie hat landesweite Organisationen mitgegründet und sitzt seit 2014 als Abgeordnete der Werchowna Rada im Parlament.
Die Oligarchen wollen Millionen Euro in einen Fond einzahlen. Sie glauben nicht an deren Aufrichtigkeit?
Nein, ich traue ihnen nicht. Ein paar Millionen zurückzuzahlen, nachdem man Milliarden geklaut hat, das ist doch nichts anderes als ein Versuch, sich freizukaufen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Anschlag in Magdeburg
„Eine Schockstarre, die bis jetzt anhält“
Anschlag in Magdeburg
Der Täter hat sein Ziel erreicht: Angst verbreiten
Bundestagswahl 2025
Parteien sichern sich fairen Wahlkampf zu
Nach dem Anschlag in Magdeburg
Rechtsextreme instrumentalisieren Gedenken
Exklusiv: RAF-Verdächtiger Garweg
Meldung aus dem Untergrund
Tarifeinigung bei Volkswagen
IG Metall erlebt ihr blaues „Weihnachtswunder“ bei VW