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Mitsubishi gibt es jetzt billiger

Nach dem Skandal um unterschlagene Kundenbeschwerden und unterlassene Rückholaktionen übernimmt DaimlerChrysler das Ruder beim japanischen Autokonzern

TOKIO taz ■ Die junge Allianz zwischen dem deutsch-amerikanischen Autobauer DaimlerChrysler und dem skandalgeschüttelten japanischen Autokonzern Mitsubishi Motors (MMC) hat am Freitag eine tief greifende Veränderung erfahren. Mit dem Einzug des Daimler-Mannes Rolf Eckrodt als operativer Leiter (COO) im MMC-Management mussten die Japaner faktisch ihre Autonomie aufgeben.

Aus börsentechnischen Gründen erhöhte DaimlerChrysler die Beteiligung nicht wie geplant auf 38 Prozent, sondern bezahlt 10 Prozent weniger für den ursprünglich beschlossenen Anteil von 34 Prozent. Statt 450 Yen pro MMC-Aktie wird DaimlerChrysler nur 405 Yen hinblättern. Damit beläuft sich der Einstiegspreis in die Allianz auf nur noch 2,2 Milliarden Euro. DaimlerChrysler hat somit 400 Millionen Euro gespart.

Hätte DaimlerChrysler den Anteil über 35 Prozent erhöht, wäre dem Konzern die amerikanische Börsenaufsicht ins Haus gerollt und hätte Jürgen Schrempp gezwungen, die 1,47 Billionen Yen (32,3 Milliarden Mark) Schulden von Mitsubishi Motors in die Bilanz aufzunehmen.

Die Sanierung von Mitsubishi Motors wird in den kommenden drei Jahren zu einer der Hauptaufgaben des Stuttgarter Konzerns. Eckrodt wird als COO die Aufgaben übernehmen, die der Renault-Mann Carlos Ghosn bei Nissan bereits seit zwei Jahren mit eiserner Hand durchspielt. Neue Qualitätskontrollen und Kostensenkungen in der Materialbeschaffung, Produktion und im Vertrieb sind notwendig. Werkschließungen und Entlassungen werden unausweichlich sein. Nur mit solch drastischen Sanierungsschritten wird MMC in die Gewinnzone kommen können, die es DaimlerChrysler erlaubt, ohne Angst vor der Börse den Anteil an MMC beliebig zu erhöhen, wie es eine Klausel im neuen Allianzvertrag vorsieht.

Hinzu kommt der erschwerende Umstand, dass mit dem Vertuschungsskandal und der am Freitag eingereichten Strafklage des japanischen Transportministeriums gegen MMC ein riesiger Imageschaden bereinigt werden muss. MMC hatte in den letzten 30 Jahren über 40.000 meldepflichtige Kundenklagen unterschlagen, die zum Rücktritt des bisherigen Präsidenten Katsuhiko Kawasoe führten. Kawasoe wird im juristischen Nachspiel als Hauptangeklagter den Kopf hinhalten. Im schlimmsten Fall droht MMC eine Buße von 64 Milliarden Yen (1,4 Milliarden Mark). Dagegen erscheinen die rund 150 Millionen Mark Kosten für die Rückrufaktion von weltweit 620.000 Wagen geradezu als Pappenstiel.

Mit Takeshi Sonobe, dem bisherigen Vizepräsidenten, wird Eckrodt nun ein international versierter Mitsubishi-Mann zur Seite gestellt. Er wird ab November vorwiegend für die Imagepflege im Konzern zuständig sein. ANDRÉ KUNZ

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