Mitgefeiert: Jugendliche da abholen, wo sie sind
Der 10. Geburtstag von akzept
Was halten Jugendliche aus der rechten Szene von Sozialarbeitern? Nicht viel, das ist klar: „Wir sind in deren Sicht erst einmal die Linken; eigentlich das Feindbild“, sagt Imke Sonnenberg vom „VAJA“ (Verein zur Förderung akzeptierender Jugendarbeit). Diese Kluft zu überbrücken, das ist ein Ziel des Vereins, der 1992 als studentisches Projekt an der Bremer Uni gegründet wurde.
Ernstnehmen, aber klare Grenzen setzen
Zehn Jahre ist das inzwischen her. Heute ist „VAJA“ der größte Träger aufsuchender Jugendarbeit in Bremen und beschäftigt 27 Mitarbeiter. Am vergangenen Freitag wurde im Ostkurvensaal des Weserstadions tüchtig der zehnte Geburtstag gefeiert.
„Akzeptierende Jugendarbeit bedeutet, dass wir erstmal akzeptieren, dass es rechte Jugendliche gibt. Und dass wir sie ernstnehmen, aber auch ganz klare Grenzen setzen“, beschreibt Imke Sonnenberg, von „VAJA“ das Konzept des Vereins. Die Grenzen seien etwa dann überschritten, wenn zum Beispiel andere Menschen bedroht würden oder die Jugendarbeit für rechte Zwecke ausgenutzt werde.
Schulhöfe, Parkbänke oder Tankstellen
Die Mitarbeiter vom „VAJA“ wollen die Jugendlichen in ihren Lebensbereichen abholen. Und das können die unterschiedlichsten Orte sein: Schulhöfe, Parkbänke oder auch Tankstellen. „Überall dort eben, wo Jugendliche sind, die keinen anderen Ort zum Treffen haben, da gehen wir hin“, erklärt Petra Brandt, Geschäftsführerin des Vereins.
Was einmal als ein Projekt für ausschließlich rechte Jugendliche begonnen hat, hat sich inzwischen zu einem Verein entwickelt, der sich an alle jungen Menschen wendet, die von anderen Angeboten der Jugendarbeit nicht erreicht werden. Oft sind das Jugendliche, die in Cliquen leben und die die meiste Zeit auf der Straße verbringen wie Punks oder Jugendliche aus Migrantenfamilien.
Rechte Jugendliche freiwillig zur Polizei
Probleme mit den Jugendlichen ins Gespräch zu kommen, gibt es immer wieder. Doch oft hören die Sozialarbeiter während der Unterhaltung auch den Kommentar: „Warum kommt erst jetzt jemand? Das wird langsam auch Zeit“. „Vor kurzem hat sich sogar eine Clique rechtsextremer Jugendlicher von sich aus an die Polizei gewendet, weil sie sozialpädagogische Hilfe wollte. Da sind wir natürlich gerne eingesprungen“, erzählt Petra Brandt.
Um wirklich etwas erreichen zu können, setzt der Verein „VAJA“ darauf, eine persönliche Beziehung zu den Jugendlichen aufzubauen. „Wir erzählen ja auch nicht jedem Beliebigen unsere Probleme“, sagt Imke Sonnenberg.
Alltag mitbekommen
Die Sozialarbeiter helfen den Jugendlichen bei der Lösung ihrer alltäglichen Problemen: Bei Schwierigkeiten in der Schule, mit den Eltern oder bei Alkohol- und Drogenproblemen. Um den Jugendlichen brauchbare Lösungsstrategien vermitteln zu können, wollen die Sozialarbeiter so viel wie möglich vom Alltag der jungen Leute mitbekommen. „Und den erleben wir nur, wenn wir da hingehen, wo sich das Leben abspielt. Und das ist meistens auf der Straße“, sagt Imke Sonnenberg.
plü
Informationen zum Verein gibt es im Internet unter: www.vaja-bremen.de
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