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Mitarbeit in Ministerien weiter möglichBund hält Lobbyisten Türchen offen

Die Regierung will Lobbyisten den Zugang zu Ministerien nicht erschweren. Während die EU deren Einflussnahme abzustellen will, verspricht das Innenministerium mehr Transparenz.

Nicht nur im Bundestag, auch in Ministerien sind Lobbyisten nicht unwillkommen. Bild: ap

Lobbyisten dürfen weiter in den Bundesministerien mitarbeiten. Doch will die Bundesregierung künftig einmal im Jahr dem Bundestag Bericht erstatten, in welchem Ministerium welche Mitarbeiter aus Verbänden und Industrie sitzen. Eine solche Verwaltungsvorschrift werde das Kabinett im Juni beschließen, kündigte der Staatssekretär im Innenministerium Peter Altmaier (CDU) am Dienstag an.

Altmaier verteidigte die Praxis, sogenannte externe Mitarbeiter in die Behörden zu holen. Beispielsweise könnten "IT-Lösungen", also Internet-Technologie, nicht von den Beamten entwickelt werden. Auch sei bislang "in keinem einzigen Fall ein externer Mitarbeiter verantwortlich an der Formulierung von Gesetzen beteiligt gewesen". Dabei werde es bleiben. Die EU-Kommission, die jetzt die vergleichbare Beschäftigung Externer in Brüssel komplett abstellen will, sei für Deutschland kein Vorbild.

Ende 2006 wurde dank einer Recherche des Fernsehmagazins "Monitor" bekannt, dass in den Ministerien Leiharbeiter aus Wirtschaft und Verbänden sitzen, die großteils von ihren Arbeitgebern weiter bezahlt werden. So nahmen zum Beispiel Mitarbeiter des Frankfurter Flughafenbetreibers Fraport AG auf das Fluglärmgesetz Einfluss. In mühsamer Kleinarbeit haben die Oppositionsfraktionen seither aus der Bundesregierung Einzelheiten über diese Arbeitsbeziehungen herausgewrungen. Zugegeben wurde so etwa, dass im Umweltministerium ein Mann der Bayer AG gesundheitliche Bewertungen für Bauprodukte schreiben durfte.

Im April dieses Jahres legte der Bundesrechnungshof einen Bericht vor, wonach die Beschäftigung Externer "erhöhte Risiken von Interessenkonflikten" berge. Eines der anonymisierten Beispiele belegt, dass zur Bearbeitung "eines neuartigen Kontrollsystems auf EU-Ebene" ein Beschäftigter "eines bedeutenden deutschen Unternehmens" aus der betroffenen Branche eingesetzt war - "auch als Referatsleiter".

Der Bundesrechnungshof verlangte, die Beschäftigung Externer zu systematisieren und transparent zu gestalten. Länger als sechs Monate solle keiner in einem Ministerium bleiben. Geschäftsinteressen des entsendenden Verbands oder Unternehmens dürften nicht berührt werden.

Der SPD-Abgeordnete Michael Hartmann erklärte gestern der taz, er sei zwar zufrieden, dass die Regierung auf das Begehr des Parlaments eingehe, über den Einsatz Externer regelmäßig unterrichtet zu werden. Bei der Frage jedoch, wie deren Mitwirkung bei Gesetzen zu verhindern sei, "macht Altmaier es sich aber zu leicht", sagt Hartmann. Wenn Externe sogar als Referatsleiter gearbeitet hätten, sei ihr Einfluss auf Gesetze wohl kaum zu bestreiten. Entspreche Altmaiers angekündigte Verwaltungsvorschrift nicht den Forderungen des Bundesrechnungshofs, will Hartmann die Regierung mit einem großkoalitionären Antrag unter Druck setzen.

Auch der Grünen-Abgeordnete Volker Beck wundert sich, "was Altmaier mit verantwortlicher Mitarbeit meint", wenn von Externen immerhin auch Referate geleitet worden seien. "Das scheint mir eine gewagte Interpretation zu sein." Erst vor wenigen Tagen hat Beck von Altmaier zudem eine Liste von 33 Gesetzen bekommen, an denen Externe in den vergangenen fünf Jahren offiziell, aber eben offenbar nicht "verantwortlich" beteiligt waren.

Die hier dokumentierten Fälle sind von erlesener Abseitigkeit: etwa die "Verordnung über die Erhebung von Gebühren und die Umlegung nach dem Finanzdienstleistungsaufsichtsgesetz (FinDAGKostVO)", an der ein Beschäftigter der Kreditanstalt für Wiederaufbau beteiligt gewesen sei. Kein Wort über die vom Bundesrechnungshof oder "Monitor" dokumentierten Fälle.

Heidi Klein von LobbyControl bezweifelt den Wert der Liste. "Das werden nur die Fälle sein, wo tatsächlich das Handzeichen der Leute auf der Vorlage ist", vermutet sie. Doch sei die Mitarbeit der rund 100 Externen, die pro Jahr in den deutschen Ministerien mitarbeiten, ja sicherlich vielgestaltiger: "Deren Anregungen gehen in Vorlagen ein, ohne dass ihr Name draufsteht", sagt sie. LobbyControl ruft diese Woche zusammen mit dem Online-Netzwerk Campact erneut dazu auf, die Beschäftigung Externer in Ministerien zu beenden.

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3 Kommentare

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  • P
    Pitt

    Die Lobbyisten gehören verbannt, dann eventuell, würden wieder Gesetze gemacht die vernüftig sind. Wenn sich die Politiker von den Lobbyisten abhängig machen könnte man den Haufen in den Wald jagen und die Großkonzerne die Gesetze machen lassen.

  • P
    Pitt

    Die Lobbyisten gehören verbannt, dann eventuell, würden wieder Gesetze gemacht die vernüftig sind. Wenn sich die Politiker von den Lobbyisten abhängig machen könnte man den Haufen in den Wald jagen und die Großkonzerne die Gesetze machen lassen.

  • P
    Pitt

    Die Lobbyisten gehören verbannt, dann eventuell, würden wieder Gesetze gemacht die vernüftig sind. Wenn sich die Politiker von den Lobbyisten abhängig machen könnte man den Haufen in den Wald jagen und die Großkonzerne die Gesetze machen lassen.