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Mit neuen Filtern gegen Urin

■ Neue Verordnung soll Badewasserqualität erhöhen / Länder fürchten Kosten

Wer hat nicht schon mal nach einem Planschvergnügen im Hallen-oder Freibad in die roten Kaninchenaugen der MitplanscherInnen geschaut und beunruhigt festgestellt, daß auch die eigenen Schleimhäute sich gänzlich anders anfühlen als gewohnt. Unsere Haut und die noch empfindlicheren Schleimhäute zahlen den Preis für ein Badewasser ohne Krankheitserreger. Um all die verschiedenen Keime, die sich im Wasser sonst vermehren würden, abzutöten, muß dem Wasser regelmäßig Chlor als Desinfektionsmittel zugemischt werden. Das Chlor selbst ist nicht eigentlich Verursacher dieser Beschwerden, sondern erst die Nebenprodukte, die durch Reaktionen zwischen Chlor und organischen Verunreinigungen entstehen.

Für den Eintrag der organischen Verbindungen ins Wasser sind letztlich wir, die NutzerInnen, selbst verantwortlich. „Schuppen, Schweiß, Hautfett und letztendlich auch Urin sind die Hauptquellen der organischen Verunreinigungen“ weiß Ina Schäfer vom Hauptgesundheitsamt Bremen zu berichten. Daraus entstehen schließlich Chloramine und die sind letzlich auch verantwortlich für den starken Geruch in den Bädern und hauptsächlich auch die Verursacher der Hautreizungen.

Ina Schäfer ist im Gesundheitsamt zuständig für allgemeine und Umwelthygiene und wurde von der Bremer Umwelt Beratung (BUB) gebeten, am Mittwoch abend einen Vortrag über die Schadstoffproblematik in Bädern zu halten. Aktueller Anlaß dieser Veranstaltung ist eine neue Verordnung, die die Überwachung der Schwimmbecken bundesweit regeln soll. Vorallem sollen nach dieser Verordnung die schädigenden Substanzen direkt gemessen werden und als Maßstab für die Wasserqualität herangezogen werden.

Bisher waren die Länder unterschiedlich streng in der Einhaltung der im Moment gültigen DIN-Norm, die die Messung der Keimzahl und chemischer Parameter wie PH-Wert und Chlorgehalt vorsieht. Anders als bis jetzt sollen neben der Keimzahl die Chloramine und Haloforme direkt gemessen werden und Maßnahmen ergriffen werden, diese Schadstoffe unter den Grenzwert von 0,02 mg/l beziehungsweise 0,025 mg/l zu bringen.

Gegen diese Verordnung bestehen „erhebliche Widerstände vorallem von Seiten der neuen Bundesländer“, aber selbst für die acht Hallen- und sechs Freibäder Bremens könnte die Einführung zusätzliche Investitionen und damit zusätzliche Kosten bedeuten. Neue Filteranlagen mit Aktivkohle und zusätzliche Ozonierungsanlagen müßten eingebaut werden, um die organische Verschmutzung aus dem Wasser zu entfernen. Während der Diskussion um die Auswirkung dieser Verordnung und die eigentlichen Gründen für das Anfallen dieser Schadstoffe formte sich vor allem ein Appell an die NutzerInnen der Bäder.

„Wenn die Leute vor dem Bad soviel duschen würden wie nachher, dann wäre schon deutlich weniger Dreck im Wasser“, meinte Jürgen Wiedemeyer von der Gesellschaft für öffentliche Bäder zu diesem Problem. Eine gründlichere Reinigung vor dem Vergnügen könnte effektiveren Nutzen rezielen als der kostspielige Einsatz von Ozonierungseinlagen.

Eine Alternative zum Chlor als Desinfektionsmittel sieht Jürgen Wiedemeyer nicht. „Bei einer Verweildauer von mehreren Stunden, einer Wassertemperatur von 27 Grad und mehr und bei mehreren Hundert Menschen am Tag ist Chlor das einzige noch bezahlbare Desinfektionsmittel“. Zusätzliche Maßnahmen wie Ozonierung wären finanziell nicht drin und sicher mit noch mehr ökologisch bedenklichen Wirkungen verknüpft. Eine Ozonierung bedeute, daß das Ozon über Aktivkohlefilter abgefangen werden müsse und eine getrennte Entsorgung der Aktivkohle notwendig wäre. Höhere Energiekosten wären sowieso unvermeidbar. Veronika Meduna

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