: „Mit konstruktiver Kritik“
■ St. Pauli: Neuer Manager Hinzpeter? / Maslo geschwächt Von Folke Havekost
Gewinner und Verlierer der Affäre um die Vorkommnisse im andalusischen Trainingslager werden allmählich sichtbar: Während Trainer Uli Maslo angeschlagen in der Kritik steht, ist beim FC St. Pauli offenbar angedacht, Vizepräsident und Geschäftsführer Christian Hinzpeter Anfang nächster Woche den zur Zeit vom Präsidium kollegial besetzten Manager-Posten zu übertragen. „Ich bin bis zum 30. Juni hier Manager. Alles andere ist nicht mein Problem“, äußerte sich der gestutzte, nur noch für den Amateur- und Jugendbereich zuständige Amtsinhaber Jürgen Wähling gestern wortkarg zu Spekulationen über eine Umbesetzung.
Präsident Heinz Weisener dementierte zwar die Stärkung Hinzpeters, übte aber auch Kritik an Maslo (siehe nebenstehendes Interview). Überdeutlich hatte dies am Dienstag bereits das Fanzine Der Übersteiger getan. Das dreiseitige Pamphlet schloß mit harschem Antifa-Jargon: „Wähling muß bleiben, Maslo vertreiben! Und das ganz schnell, bevor es zu spät ist“.
Vom Fanzine wird Maslo sportliches (mangelnde Talentförderung) und menschliches (“führt sich auf wie ein Pascha“) Versagen sowie ein Boykott der Arbeit Wählings vorgeworfen. Neue Fakten, die den von Wähling inzwischen zurückgenommenen Vorwurf des „menschenunwürdigen Verhaltens“ Maslos während des Trainingslagers in Chiclana präzisieren würden, liefert das Blatt jedoch nicht – nur die Geschichte eines hochpromillierten Mannschaftskapitäns, der in seinem Harndrang eine andalusische Hotelpalme angepinkelt haben soll – was der vehement bestreitet.
Obwohl durch die in der letzten Woche erfolgten Entschuldigung Wählings eigentlich entlastet, wagte Maslo allerdings nicht die Konfrontation mit dem Fan-Organ. Statt dessen zeigte er sich ungewohnt zahm: “Ich möchte mit den Leuten über ihre Kritikpunkte diskutieren“, bot der Trainer als Reaktion auf die Rücktrittsforderungen an. Auf übergroße Rückendeckung vom Verein deutet dies jedenfalls nicht hin.
Zumal die Tatsache, daß sich mit Sven Brux auch der offizielle Fan-Beauftragte des FC St. Pauli in der Redaktion des Fanzines befindet, das Maslos Rücktritt fordert, bei den Vereinsfunktionären auf erstaunlich viel Verständnis stößt. Hinzpeter lobt gar: „Die Leute vom ,Übersteiger' haben uns immer mit konstruktiver Kritik begleitet.“
Der Vorstoß aus dem Fan-Lager kommt für Hinzpeter & Co. nicht ungelegen, da der Verein sich in der Trainerfrage offenbar verschiedene Optionen offenhalten möchte. Etwaige erfolglose Wochen vorausgesetzt, dürfte Maslo es schwer haben, sich in der dominanten Position zu halten, die er sich seit seinem Amtsantritt vor anderthalb Jahren gegen vereinsinterne Widerstände erkämpft hat.
Die Machtfülle Maslos, der im Zuge seines Professionalisierungskonzeptes weitgehende Kompetenzen an sich riß, wird nicht allein von Wähling skeptisch beäugt. Und Maslo wäre nicht der erste St. Pauli-Trainer, der nach einer Vertragsverlängerung „per Handschlag“ dann doch geschaßt wird.
Die Anhängerschaft will sich ebenfalls zum Thema äußern. Auf der heutigen Busfahrt zum Auswärtsspiel nach Kaiserslautern soll der Konflikt diskutiert werden. „Danach kann ich mich auch auf breiterer Grundlage zu den Meinungen der Fans äußern“, kündigt Brux in seiner Rolle als Fan-Beauftragter an.
Der FC St. Pauli spielt heute um 20 Uhr beim 1. FC Kaiserslautern
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