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INTERVIEW»Mit diesem Senator geht es nicht mehr«

■ Polizeipräsident Schertz fordert vom Parlament eine Entscheidung zwischen ihm und Innensenator Heckelmann

taz: Halten Sie Herrn Heckelmann als Innensenator noch für tragbar?

Georg Schertz: Mein Schritt bedeutet nicht etwa, daß ich amtsmüde bin. Ganz im Gegenteil. Ich habe ihn aus der Verantwortung meines Amtes heraus getan. Ich mußte an die Öffentlichkeit treten und sagen, mit diesem Senator geht es nicht mehr. Das Vertrauensverhältnis, das in so einem Job zwischen Polizeipräsident und Innensenator unverzichtbar ist, ist weg.

Was zeichnet Herrn Heckelmann als Innensenator aus?

Ich sehe mit einer gewissen Betroffenheit, daß er vom seinem ersten Tag an offensichtlich das Ziel hatte, diesen Polizeipräsidenten zu demontieren. Es begann damit, daß er mit Herrn Kittlaus hinter meinen Rücken Gespräche geführt hat. Als das aufflog, stand er einer sich solidarisierenden Polizeiführung gegenüber. Dies hält bis heute an. Er hat gleichwohl nicht die Kurve genommen und sich neu orientiert, sondern im Grunde genommen die alte Strategie fortgesetzt. Dieser ganze Stasi- Quatsch dient bis zum heutigen Tag meiner Demontage, aber uns trennen auch erhebliche Sachfragen.

Sie haben in Ihrem Brief angedeutet, es gäbe Parallelen zwischen Ihrem Fall und den skandalösen Machenschaften, mit denen sich Heckelmann 1983 zum FU-Präsidenten wählen ließ.

Da gab es dieses Bubenstück von Herrn Kittlaus. Ohne zuständig zu sein oder einen dienstlichen Auftrag zu haben, hat er in einem laufenden Ermittlungsverfahren private Recherchen angestellt nach dem Motto »kann man nicht vielleicht doch noch etwas finden, was gegen Schertz spricht«. Diese Recherchen wurden der Generalstaatsanwaltschaft zugeleitet, die nach wochenlangen Ermittlungen zum Ergebnis kam, an den Vorwürfen sei nichts dran. Kurz nachdem Kittlaus' Recherchen im März ruchbar wurden, hat mir Herr Heckelmann den Auftrag erteilt, ihm einen Sachbericht zu fertigen. Ich konnte dies jedoch nicht tun, weil mir die Ermittlungsakten nicht zur Verfügung standen. Als die Akten am 11. Mai dem Innensenator vorlagen, habe ich an die Weiterleitung an mich erinnert. Nunmehr verweigerte er mir die Herausgabe und verfügte später, daß er die Angelegenheit an sich ziehe. Er begründete dies damit, ich sei der Betroffene des möglichen Dienstvergehens. Unter dieser Voraussetzung hätte er mir allerdings erst gar nicht aufgeben dürfen, den Sachbericht zu schreiben. Ich kann mir das nur so erklären, daß er — als die Akten noch bei der Generalstaatsanwaltschaft lagen — Zeit gewinnen wollte, um der Öffentlichkeit zu erklären, eine Bewertung der Angelegenheit sei nicht möglich, weil der Sachbericht des Polizeipräsidenten noch ausstehe. Auch wenn es korrekt ist, daß er das Verfahren als Dienstherr selbst bearbeiten kann, weil ich der Betroffene möglichen Dienstvergehens bin, bleibt übrig, daß ich nicht einmal den Brief sehen durfte, den Herrn Kittlaus zu meinen Lasten geschrieben hat. Es kann mir keiner übel nehmen, wenn mir in den Sinn kommt, daß es hier möglicherweise Ähnlichkeiten zu den Vorgängen an der Freien Universität gibt.(siehe dazu Artikel oben)

Halten Sie Heckelmann für ein Sicherheitsrisiko?

Das kann ich so nicht bestätigen. Ich bin aber der Meinung, dieser Innensenator macht für die innere Sicherheit das Falsche. Er unterläßt es bespielsweise, die dringend gebotene Veränderung der Führungsstruktur der Polizei anzugehen. Der von mir vorgelegte Vorschlag der »Säulentheorie« für den Ausbau des Landeskriminalamts und ähnlichem ist jetzt ein Jahr alt. Eine Grundsatzentscheidung steht bis heute aus. Zweiter Bereich: Verbrechensbekämpfung. Der Innensenator geht mit populistischen Sprechblasen in die Öffentlichkeit und sagt, wir brauchen ein Gesamtkonzept und attakiert damit auf unerhörte Weise den Fach- und Sachverstand meiner Mitarbeiter. Selbstverständlich haben wir umfangreiche Konzepte, die anderswo in der Bundesrepublik als Vorbild betrachtet werden. Nur unser Herr Senator erkennt das nicht. Stattdessen werden populistische Kriminalitätsbekämpfungsaktionen auf Plätzen und Märkten durchgeführt. Wir müssen selbstverständlich gegen Hütchenspieler vorgehen, aber die Schwerpunkte sind andere.

Was muß der neue Polizeipräsident für Eigenschaften mitbringen, um es der CDU-Sicherheitsriege recht zu machen?

Ich glaube, man irrt sich gewaltig, wenn man meint, ein neuer Polizeipräsident könne hier Grundlegendes ändern. Der jetzige Polizeipräsident genießt die Solidarität der gesamten Polizeiführung, was in dieser Stadt keineswegs immer selbstverständlich gewesen ist. Die Polizeiführer würden ihre Arbeit auch nicht anders machen, wenn hier ein anderer säße.

Das heißt, der Konflikt geht auch mit einem neuen Präsidenten weiter?

Davon gehe ich aus.

Was sagt die Polizeiführung zu ihrem Schritt?

Ich habe Betroffenheit festgestellt. Ein Polizeiführer schreibt mir zum Bespiel, »eine andere kämpferische Entscheidung hätte die Chance zur Besinnung und Reinigung geboten und viele von uns an Ihrer Seite gesehen«. Aber mit diesem Senator geht es einfach nicht mehr weiter. Ich mache mir natürlich keine Illusionen, daß der Polizeipräsident ein höheres Gewicht hat, als die Große Koalition. Ich werde wohl der zweite Sieger bleiben. Diejenigen, die über meine Abwahl zu befinden haben, werden sich aber genau überlegen müssen wie sie die Dinge bewerten.

Das könnte man als versteckten Hinweis an die SPD-Abgeordneten verstehen, Sie nicht abzuwählen.

Zum Bespiel.

Dann würden Sie bleiben?

Ich würde mein Amt gern weitermachen, aber nicht unter diesem Senator.

Was sagen Sie zu der Äußerung des CDU- Fraktionsvorsitzenden Landowsky, Sie seien selbstgefällig und eitel und deshalb überhaupt nicht mehr tragbar?

Bisher wurde mir immer immer vorgehalten, ich sei zu introvertiert und bescheiden und müsse ein bißchen deutlicher werden. Wenn Herr Landowsky nun meint, es sei genau anders herum, dann muß ich mich innerhalb der letzten Stunden geändert haben. Interview: Plutonia Plarre

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