■ Mit der WHO-Konferenz auf Du und Du: Sozial handeln
Genf (IPS) – Vier Wochen vor der dritten Ministerkonferenz der Welthandelsorganisation (WHO) setzt sich die weltweit größte internationale Gewerkschaft dafür ein, dass die Grundrechte der Arbeiterschaft in allen multilateralen Handelsabkommen verankert werden. Der Internationale Bund Freier Gewerkschaften (ICFTU), der weltweit 125 Millionen Mitglieder vertritt, kündigte eine Kampagne für die Einbindung der „sozialen Dimension in der Weltwirtschaft“ an.
ICFTU hofft, dass die vom 30. November bis 3. Dezember in Seattle stattfindende Konferenz einem Ausschuss zustimmt, der obligatorische arbeitsrechtliche Regeln für den Welthandel erarbeitet. Die Regierungen von Argentinien, Chile, Honduras, Nicaragua, Panama, Venezuela, Barbados, Mauritius, Gabun, Senegal und Tunesien hätten sich bereits für eine solche Arbeitsgruppe ausgesprochen. Die Entwicklungsländer, die die Mehrheit der 135 WHO-Mitglieder ausmachen, haben allerdings die mögliche Verknüpfung von Arbeitsregeln mit internationalen Handelsbedingungen fast einhellig abgelehnt.
Die Gegner einer so genannten Sozialklausel befürchten, die Industrieländer könnten diese dazu benutzen, ihre Märkte gegen preiswertere Güter und Dienstleistungen aus Entwicklungsländern abzuschotten, und zwar mit der Begründung, diese verdankten ihre niedrigeren Produktionskosten einem laxeren Umgang mit den sozialen Kosten. In einem ICFTU-Dokument heißt es, die von ihm vorgeschlagene Klausel werde zu wesentlichen Veränderungen bei den WHO-Verfahren führen. Länder, die sie verletzen, hätten demnach mit multilateralen Handelsmaßnahmen zu rechnen. Der Handel dürfe nicht die Länder bestrafen, die auf die Rechte der Arbeiter Rücksicht nehmen, erklärte der stellvertretende ICFTU-Sekretär Eddy Laurijssen. Er versicherte, dass Entwicklungsländer, die die Rechte der Arbeiter respektieren, beim Wettbewerb fair behandelt würden. Die ostasiatische Wirtschaftskrise von 1997 habe deutlich gemacht, dass es „ohne soziale Stabilität auch keine finanzielle Stabilität geben kann.“
Bislang ist die Forderung nach einer „Sozialklausel“ in keinem der Anträge für die WHO-Konferenz enthalten. Die Europäische Union befasse sich aber mit der Initiative des ICFTU und werde dieses Thema in die Verhandlungen einbringen. US-Präsident Bill Clinton hatte bereits vor Wochen angekündigt, seine Regierung unterstütze die Einbeziehung grundlegender Arbeiterrechte in multilaterale Handelsabkommen.
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