■ Mit der Steuerflucht auf du und du: Oasen im Angebot
Hamburg (taz) – „Darf es das Kleinwalsertal sein, weil es so nah ist? Oder lieber Liechtenstein, weil dort das Bankgeheimnis so sorgsam gepflegt wird? Wählen Sie Ihre Oase aus!“ So lockt das Anlegerblatt Finanzen seine Leserschaft. Es folgen neun Steuerfluchtziele im tabellarischen Überblick, mit Steuerbelastung, Bankgeheimnis und einem Expertenurteil: „Nummerkonten sorgen für angenehme Anonymität“ oder „zahlreiche deutsche Banken vor Ort“. Eben alle Grundlagen für die solide Steuerflucht ins Ausland.
Allerdings ist nicht jede Finanzanlage im Ausland gleich ein kriminelles Delikt. Brav hierzulande versteuerte Einnahmen und Gewinne dürfen überall auf den Finanzmärkten der Welt angelegt werden. Allerdings müssen die Erträge daraus im Regelfall wieder in Deutschland als Einkommen versteuert werden – wenn nicht ein Doppelbesteuerungsabkommen anderes vorsieht. Gegen die Steuer hilft der legale Umzug ins Steuerparadies: Die britische Isle of Man warb bereits in der Frankfurter Allgemeinen (FAZ) für ihren „steuerbegünstigten Finanzstandort“. Privatpersonen, heißt es in einer dicken Reklamemappe, kommen mit einer Einkommensteuer von 15 Prozent davon. Erbschafts-, Kapital- oder Vermögenssteuer seien dort unbekannt. Für den Inländerstatus genüge ein einmaliger Aufenthalt von sechs Monaten auf der Insel in der Irischen See oder „regelmäßige Besuche“. Halblegale Abhilfe gegen teure Steuerlasten verspricht die Gründung einer Briefkastenfirma auf den Cayman Islands oder die illegale Steuerhinterziehung mit Hilfe einer deutschen Bank.
Im Herbst 1993 hat die Düsseldorfer Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen gegen die Dresdner Bank AG begonnen. Im Visier der Fahnder befanden sich Privatkunden, die über ihre Hausbank steuerpflichtige Gelder ins Ausland transferiert hatten. Anfang 1994 durchsucht die Staatsanwaltschaft dann die Zentrale der Dresdner Bank, kürzlich erwischte es die DG Bank.
Für bankunterstützte (oder reisende) Steuerflüchtlinge empfiehlt Finanzen die Stadt Campione. Eine Steuerbelastung gebe es dort für Deutsche faktisch so gut wie gar nicht, „weil der italienische Fiskus kaum nachforschen kann“. Davon träumt wohl auch die Ratgeberpostille Steuertip, und zwar für den deutschen Fiskus: Aber auch im „Polizeistaat Deutschland“ gebe es ein „perfektes Schlupfloch“, tröstet Steuertip in einer FAZ-Anzeige und verweist auf seine nächste Ausgabe. Hermannus Pfeiffer
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