■ Mit der Akademikerlücke auf du und du: Wer soll was studieren?
Berlin (taz) – Vor sechs Jahren hieß es, Ingenieure seien nicht mehr gefragt. Jetzt ist von einer „Ingenieurslücke“ die Rede. Vorbei die miesen Zeiten für Informatiker: Die Informationswirtschaft jammert über fehlende Fachleute. Und selbst bei Lehrern fürchtet die Gewerkschaft GEW schon in zehn Jahren wieder einen Mangel.
Wer ein Fach zu studieren anfängt, hätte gern eine sichere Prognose. Auf dem Arbeitsmarkt jedoch zählt die Gegenwart. Und die wandelt sich immer schneller. Wenn der Akademikermarkt eine Börse sei, „dann sind die Informatiker derzeit zwei- bis dreimal überzeichnet“, sagt Sigmar Gleiser von der Zentralstelle für Arbeitsvermittlung (ZAV) in Frankfurt. Anfänger können Einstiegsgehälter von 70.000 Mark verlangen.
Trotzdem steigen in der Informatik die Studentenzahlen nicht. „Sie brauchen für dieses Studium ein klares Begabungsprofil“, so Gleiser, „und der Markt der Abiturienten, die ein solches Fach studieren können, ist abgeräumt.“ Bei den Ingenieuren macht die ZAV einen „Schweinezyklus“ aus: Wenn die Arbeitsmarktchancen sinken, gehen auch die Studienanfängerzahlen zurück. Das war so Mitte der 80er und dann wieder zu Beginn der 90er Jahre.
Die ZAV-Experten unterscheiden mehrere Gruppen von Abiturienten: Bei den Geistes- und Sozialwissenschaftlern landen Leute, die sich trotz schlechter Jobchancen für die Fächer interessieren oder die noch keine spezifischen Interessen haben. Da diese StudentInnen jedoch von Anfang an wissen, daß sie flexibel sein müssen, ist die Arbeitslosenquote beispielsweise auch bei den Soziologen nicht überdurchschnittlich hoch. Unter den Ingenieurs- und Wirtschaftsstudenten fänden sich hingegen vor allem Pragmatiker, die künftige Jobchancen im Blick haben. BD
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