Mit dem Senatorenamt auf Du und Du: Nur Henning Scherf sprach von Raffgier
■ Bürgerschaft debattierte tiefgründig über Nebenämter von Senatoren
Die Hauptakteure schwiegen gestern in der Bürgerschaft. Weder Finanzsenator und Bankbesitzer Ulrich Nölle (CDU) noch sein Parteifreund Ralf Borttscheller, ebenfalls Bankbesitzer und mit der Baubranche familiär verbandelt, ergriffen das Wort in der Debatte um die Nebenämter für Senatoren. Der Innensenator verdrehte zumindest gelegentlich genervt die Augen.
Dafür stieg Bürgermeister Henning Scherf (SPD) für seine Kabinettskollegen in die Bütt. Rechtlich sei das Verhalten von Nölle und Borttscheller nicht zu beanstanden. Es sei absurd, einem Mann wie Nölle, der vor seinem Senatorenamt als Sparkassen-Vorstand viel mehr verdient habe, „Raffgier“vorzuwerfen. Mit seinem persönlichen Engagement bei der privaten Nordfinanz-Bank habe Nölle in einer akuten Krise Arbeitsplätze gerettet, dafür verdiene er Anerkennung. „Wir brauchen mehr Unternehmer in Regierung und Parlament“, rief Scherf. Zu Borttscheller, seit Wochen wegen seiner Verbindungen zur Baufirma Nordgrund in der Kritik, sagte Scherf nichts. Er rügte aber „die scheinheilige Pharisäerhaftigkeit“der Kritiker. Das ist Schelte auch an die eigene Partei: Der SPD-Landesparteitag hatte gefordert, Nölle möge seine Bank-Anteile einem Treuhänder übertragen.
Die Opposition hatte zuvor recht moderat die Debatte eröffnet. AfB-Mann Andreas Lojewski forderte Aufklärung darüber, wann genau Nölle seinen Einstieg bei der NF-Bank dem Senat und dem Parlamentspräsidenten gemeldet habe. „Sie haben das behandelt wie eine geheime Kommandosache“. Die CDU sei angetreten, ein anderes politisches Klima in Bremen zu schaffen. Aber: „Der Lack ist ab“, sagte Lojewski.
Für Bündnis90/Grüne meinte Dieter Mützelburg nachdenklich, der Senat verwirke mit der Verquickung von Amt und eigenen Geschäften das Recht, Sozialhilfeempfängern oder Steuerhinterziehern Mißbrauch vorzuwerfen. Die Grünen stellten den Antrag, Nebentätigkeiten von Senatoren künftig ebenso anzuzeigen, wie das Abgeordneten seit jeher abverlangt würde. Einzelheiten sollte der Verfassungs- und Geschäftsordnungsausschuß der Bürgerschaft aushandeln.
CDU-Fraktionschef Ronald-Mike Neumeyer wies die Kritik an Nölle als „durchsichtiges politisches Manöver“zurück – kein Wort zu Borttscheller. Er verwies auf die hanseatische Verfassungstradition der engen Bindung von Kaufleuten an den Senat. „Wir sind nicht bereit, die Landesverfassung so zu verändern, daß beruflich Unabhängige daran gehindert werden, in die Politik umzusteigen“, stellte Neumeyer fest. Über größere Transparenz könne man sich aber in Ruhe unterhalten.
In Ruhe unterhalten will sich auch die SPD-Fraktion. Inhaltlich, so räumte Horst Isola ein, habe man mit den Vorschlägen der Grünen keine Schwierigkeiten. Es sei das mindeste, daß das Parlament die Nebentätigkeiten von Senatoren genehmigen müsse. Mit erhobenem Zeigefinger referierte Isola seinem Parteifreund Scherf die Maßstäbe, die für Nebentätigkeiten von Bundesministern gelten: Sie müßten ihre ganze Arbeitskraft dem Amt widmen, müßten schon den Anschein einer Verquickung mit privaten Interessen vermeiden und dürften sich nicht in die Gefahr der Abhängigkeit von privaten Geldgebern begeben. „Wenn wir diese Maßstäbe in Bremen anlegen, kommen wir weiter“.
Den Antrag der Grünen lehnte die SPD/CDU Mehrheit ab. jof
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