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■ Mit alten Bahnschienen auf du und duJede Menge Schotter

Freiburg (taz) –Mehr als ein Viertel des bundesdeutschen Schienennetzes soll innerhalb der nächsten zehn Jahre abgestoßen oder stillgelegt werden. So lauteten die jüngsten Schreckensmeldungen zur Zukunft des deutschen Bahnverkehrs.

Dem Teil der eventuell betroffenen 11.646 Kilometer Strecken, für den keine Privatinvestoren gefunden werden können, droht dann eventuell Entwidmung und Rückbau. Und spätestens dann stellt sich die Frage: Wohin mit dem Schotter?

Daß es sich bei alten, ausrangierten Schienen und der Kiesschicht darunter nicht um normalen Hausmüll handelt, liegt auf der Hand. Denn seit eh und je werden die Bahnstrecken mit Herbiziden besprüht, um ihrer Verwilderung durch Unkraut und Gräser vorzubeugen.

Also müssen die Materialien der Bahn auf Rückstände dieser chemischen Keulen untersucht werden. Bis 1994 sprühte man das Präparat Diuron, seitdem das angeblich weniger belastende Bromacil. Die von der Landesarbeitsgemeinschaft Abfall (Laga) festgelegten Grenzwerte entscheiden dann über den weiteren Verwertungs- bzw. Entsorgungsweg.

So landeten 80.000 Tonnen nur gering belasteten Schotters von der Deutsche-Bahn-Baustelle Appenweier an der Rheintalstrecke unlängst auf den beiden hochmodernen südbadischen Mülldeponien Kahlenberg und Vulkanfelsen – als Auffang- und Verteilungsschicht für die dortigen Gasdrainagesysteme.

Viel stärker belastet ist dagegen die sogenannte Planungsschutzschicht (PSS), die vom Schotter verdeckt ist und in der sich alle problematischen Rückstände sammeln. Auch hier macht sich jedoch nicht die Bahn selbst die Hände schmutzig: Die jeweils anfallenden Mengen werden erfaßt, untersucht und dann ausgeschrieben; anschließend müssen die interessierten Baufirmen geeignete und von den Behörden genehmigte Entsorgungskonzepte vorlegen.

Anders die Situation bei den Schienen und Schwellen: Sie bleiben weiterhin im Eigentum der Bahn AG und werden anschließend entweder eingeschmolzen oder – wie im Falle der besonders belasteten alten Holzschwellen – endgelagert, ganz rechtmäßig, wie man beim privatisierten Schienenunternehmen betont.

Daß die Pestizidrückstände nicht nur ein Umweltproblem, sondern auch ein Gesundheitsrisiko darstellen, hat die Bahn AG zumindest erkannt. So wurden alle Bahnnostalgiker besorgt aufgerufen, die einst begehrten, alten Holzschwellen aus ihren Gärten zu verbannen und bei der Bahn abzugeben. Carola Schmitz

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