: Mit „Space-Marx“in die Zukunft
Die Themenpalette reicht von Sex bis Landminen – Verbände veranstalten erstes Jugend-Bildungs-Spektakel in Hamburg ■ Von Ulrike Winkelmann
Die Deutsche Schreberjugend braucht Nachwuchs. Die Jugendfeuerwehr Pöseldorf will sich vorstellen, und die freien Jugendverbände brauchen eine Lobby für ihre bezahlten Stellen. Doch nicht nur zu Werbezwecken haben sich Hamburgs Jugendverbände und -bildungsträger erstmals für ein gemeinsames „Hamburger Jugend-Bildungs-Spektakel“zusammengeschlossen. Vor allem will Spektakel-Koordinator und Pfadfinder Michael Ahlswede Jugendlichen „Anregungen und Anstöße“geben. Und das verkündete der 39jährige gestern enthusiastisch.
Unter dem Motto „Völlig abgefahren – die Zukunft rast vorbei“und der Schirmherrschaft von Bürgerschaftspräsidentin Ute Pape wird die ganze Stadt vom 13. bis 26. April mit Workshops, Seminaren und Aktionen eingedeckt. Die Themenpalette reicht von Sex bis Landminen. Auf Altenwerder sollen neue Blumen blühen, im Wandsetal Fledermäuse besucht werden. Die NachwuchssozialistInnen der „Falken“wollen ihren Lieblingsautor in dem Workshop „Space-Marx“aufpolieren, und die Esperanto-Jugend wird ihre Lieblingssprache vorstellen.
Zum reichlich uncoolen, dafür aber mehrdeutigen Motto seien die Verbände nicht nur gekommen, weil sie das Spektakel ursprünglich in den Hauptbahnhof legen wollten, erklärte der 39jährige Ahlswede. Nein, „für viele Jugendliche ist die gesellschaftliche Situation sehr abgefahren und wunderlich“, und an manchen „rast die Zukunft vorbei“. Deshalb sollten die Kids auch und gerade jenseits der Schule „öffentlichen Raum besetzen“.
Zielgruppe der 50.000 Mark teuren Verständigungsaktion seien natürlich nicht nur die rund 150.000 Jugendlichen in den Verbänden – allein 100.000 von ihnen sind in der Sportjugend. Auch die „Jugendlichen, die sonst nicht ohne weiteres zu uns kommen“, sollten durch die „niedrigschwelligen“Angebote angelockt werden.
„Die Erfahrung zeigt, daß junge Leute schon Interesse daran haben, sich auf Strukturen einzulassen“, erklärte Pfadfinder Ahlswede, um möglicher Skepsis über Vereinsmeierei und Institutionshuberei zu begegnen. Auch völlig losgelöste und „lose Gruppen“suchten die Wärme und „das Zuhause, das Verbände bieten können“, ergänzte Ko-Organisator Klaus-Peter Berndt (42). Die meisten Jugendverbände seien in den 90er Jahren ja auch selbstorganisiert und nicht von Vereinsgreisen dominiert. „Das war in den 80ern mal anders“, gestand Ahlswede – „seitdem haben die Verbände mehr lernen müssen als die Jugendlichen“.
Auftakt: 13. April, 18 Uhr im Hauptbahnhof. Schlußveranstaltung: 26. April, 17 Uhr in der Roten Flora, Schulterblatt. Zentrale während der Woche: Zelt im Sternschanzenpark. Info- : 31 65 68
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen