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Mit Siemens-Töchtern auf Du und DuDer flexible Konzern

Berlin (taz) – Siemens-Chef Heinrich von Pierer wurde auf der gestrigen Hauptversammlung von den Aktionären gefeiert. Schließlich ist der Reingewinn des Konzerns im vergangenen Geschäftsjahr von knapp einer Milliarde auf 3,65 Milliarden Mark gestiegen. Außerdem erreichte die Siemens-Aktie ein neues Rekordhoch von 180 Euro, nachdem der Kurs vor zwölf Monaten noch bei 53 Euro lag.

Die gute Stimmung wird zudem durch den bevorstehenden Börsengang des ausgelagerten Halbleiter-Bereiches unterstützt. Die Infineon-Aktie liegt bei Analysten und Privatanlegern gleichermaßen hoch im Kurs. Es wird damit gerechnet, dass die Aktie bis zum Ende der Frist am 10. März drei- bis fünffach überzeichnet sein wird.

Kritik äußerten die Siemens- Belegschaftsaktionäre, die derzeit acht bis zehn Prozent des Grundkapitals halten, im Vorfeld der Hauptversammlung. Der Konzern habe sich ihrer Ansicht nach zu sehr der Wertsteigerungsphilosophie verschrieben und vernachlässige dabei seine Mitarbeiter. Im Zuge des Konzernumbaus, den Pierer vorantreibt, will sich Siemens von insgesamt 60.000 Mitarbeitern trennen. Die verbleibenden Arbeitnehmer müssen sich auf Veränderungen einstellen. Gerade bei den ausgegliederten und an die Börse gebrachten Siemens-Bereichen stehen die Zeichen auf Flexibilisierung. Bestes Beispiel ist Infineon, wo zunächst 2.000 einfache Arbeitsplätze in der Fertigung wegrationalisiert wurden. Im Gegenzug wurden vor allem Entwickler und Ingenieure eingestellt. Ein gerade neu ausgehandelter Tarifvertrag wird die Arbeitszeiten in den bayerischen Werken wieder auf 40 Stunden anheben – auf freiwilliger Basis und bei vollem Lohnausgleich. „Wir mussten handeln“, erklärt Klaus Luschtinetz, Betriebsratvorsitzender bei Infineon in München, „weil kaum qualifizierte Arbeitskräfte verfügbar sind.“

Bis Juni des Jahres will Infineon sich zudem über ein flexibleres Entlohnungssystem verständigen. Allerdings erwartet Jürgen Buschmann, Personalchef bei Infineon, sehr schwierige Verhandlungen mit den Gewerkschaften. Knackpunkt wird die Festlegung der genauen Erfolgs- und Leistungskriterien sein.

Christian Krämer

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