■ Mit PVC-Spielzeug auf du und du: Giftige Beißringe
Hamburg (taz/rtr) – Wenn Baby zahnt, braucht es einen Beißring, denken viele Eltern. Doch was sie den Kleinen da in den Mund stecken, ist möglicherweise giftig. Gestern stellte Greenpeace ein toxikologisches Gutachten vor, das das Forschungs- und Beratungsinstitut Gefahrstoffe GmbH aus Freiburg erstellt hatte. Das erschreckende Ergebnis: Eine Gesundheitsgefährdung durch den ausdünstenden Weichmacher Diisononylphthalat (DINP) kann nicht ausgeschlossen werden.
Kaufhof, Horten und Kaufhalle bekamen gestern von ihrem Mutterkonzern Metro die Anweisung, PVC-Babyspielzeug sofort aus den Regalen zu nehmen. Karstadt hatte das bereits vor ein paar Tagen getan.
Derzeit sind nach Greenpeace-Angaben gut 50 Spielwaren für Kleinkinder aus Weich- PVC auf dem Markt. Die Umweltschutzorganisation hatte 23 Artikel stichprobenartig untersucht und bei 12 Produkten Weichmacherabgaben festgestellt, die weit über den Empfehlungen des Bundesinstituts für gesundheitlichen Verbraucherschutz liegen.
Doch auch die anderen PVC- Produkte sind gesundheitsbedenklich, denn die chemischen Weichmacher sind nur oberflächlich im PVC-Kunststoff gebunden, so daß sie ausdünsten können. Kinder verstärken durch Lutschen oder Kauen an den biegsamen Figuren die Auswanderung der Chemikalien weiter, denn Speichel, Babyöl und Reinigungsmittel können die Weichmacher lösen. Kinder nehmen damit bis zum 33fachen der auch von der WHO für gesunde Erwachsene empfohlenen maximalen Tagesbelastung von 0,03 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht auf, so das Ergebnis der Studie.
Der im Kinderspielzeug verwendete Weichmacher DINP ist zugleich der am wenigsten erforschte. Darauf hat das Umweltbundesamt hingewiesen. Da ein strukturverwandter Phthalatweichmacher als krebsverdächtig gilt, solle auch bei DINP vorsorglich von ähnlichen Wirkungen ausgegangen werden. Weichmacher führen zwar nicht zu akuten Vergiftungen, „stehen aber im Verdacht, langfristige Gesundheitsschäden an Leber, Nieren, Fortpflanzungsorganen und am Lymphsystem hervorzurufen“, schreibt die Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände.
In Dänemark und Österreich haben Umwelt- und Familienministerien bereits Initiativen ergriffen, Babyspielzeug aus PVC ganz zu verbieten. Und die grüne Europaparlamentarierin Hiltrud Breyer setzt sich für ein europaweites Verbot ein. aje
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