: Mit Nähmaschine und „Holzglotz“
■ Bayern München - 1. FC Nürnberg 1:0 / 75.000 im ausverkauften Olympiastadion
Aus München Walter Metzger
Seit Manfred Ommers Homburger Abschreibungsposten Wolfgang Schäfer vergangenen Samstag zum Sieg „stolperte“ (wie Homburgs Coach Klimaschefski das im ZDF qualifizierte), ist bei der Münchner Startruppe der Wurm drin. Schäfer versaute damit dem rheinischen Jupp Heynckes den makellosen Einstand in der „Kir Royal“–Etage der deutschen Balltreter. Also bestand Handlungsbedarf, zumal der erfolgsgewohnte Ex–Bayerntrainer Udo Lattek den Nachfolger bereits mit Häme überzieht. So flog Michael Rummenigge raus. Und zwar so gründlich, daß sein Name nicht mal als Ersatzspieler auf der Anzeigentafel auftauchte. Die pomadige Spielweise des Bayernpoppers allein kanns nicht gewesen sein. Zwar gewannen die Bayern gegen einen starken Nürnberger „Club“, aber mit derart mauer Kickerei dürften sie die freizeitbewegten Massen kaum mehr so schnell vom Biergarten unters Zeltdach locken. Nach einer Viertelstunde lag Lothar Matthäus ohne ersichtlichen Anlaß verletzt auf dem Rasen. Kögl kam und sorgte für stän dige Gefahr - vor dem eigenen Tor. Der kleine Wiggerl konnte zu keiner Zeit den Offensivdrang von Club–Verteidiger Thomas Brunner stoppen. Oder ihn gar an gefährlichen Kopfbällen hindern. Während von Bayern–Regisseur Hansi Dorfner nicht eine bemerkenswerte Aktion erinnerlich ist, dürften die einheimischen Fans die Rückkehr von „Manni“ Schwabl ersehnt haben. Der aus München abgeschobene winzige Mittelfeldspieler steppte wie eine Nähmaschine auf Zickzackkurs übers Spielfeld, schlug intelligente und exakt getimte Pässe. Auch im Duell der Liberos blieb Stefan Reuter klarer Sieger gegen den wiedergenesenen Klaus Augenthaler. Dynamisch und selbstbewußt trieb der Franke die Bälle in die Bayernhälfte. Während die Reporter erst in der 25. Minute eine nennenswerte Bayern–Chance in den Notizblock kritzelten, hatte es vor Pfaffs Gehäuse schon ständig lichterloh gebrannt. Reuter donnerte in der 18. Minute Schwabls Freistoßvorlage ans Lattenkreuz. Minuten später tauchte der Nobody Frank Greiner allein vor Pfaff auf. Zuviel für die Nerven des Ex–Amateurs. Ungerecht, wie es im Fußball manchmal zugeht, kamen die Bayern wenig später durch eine Standardsituation zum Siegtor. Andreas Köpke blieb bei einem Brehme– Freistoß an der Linie kleben, Hansi Pflügler konnte ungehindert mit der Stirn einwuchten. Dabei bliebs. Auch weil die Ladehemmung beim Club–Mittelstürmer Jörn Andersen nun schon seit Wochen andauert. „Der steht rum wia a Holzglotz“, maulten die Nürnberger Anhänger in der Nordkurve. Während sich die Höher–Schützlinge Sympathie erwarben, bewirkten die Hardcore– Clubfans auf den Rängen das Gegenteil. Ihr „Sieg“–Gegröhle bei gestrecktem Arm erweckt - wohl bewußt gewollte - Reichsfeld– Erinnerungen. Obwohl die Bayern wieder an der Tabellenspitze stehen, dürften ihnen und Jupp Heynckes schwere Wochen bevorstehen. Der Sieg war nicht ihrer vielbeschriebenen Profi–Coolness zu verdanken, sondern Nürnberger Abschlußschwäche. MÜNCHEN: Pfaff - Augenthaler - Winklhofer, Eder, Pflügler - Nachtweih, Brehme, Matthäus (13. Kögl), Dorfner - Wohlfarth, Wegmann NÜRNBERG: Köpke - Dusend - Giske, Th. Brunner - Reuter, Schwabl, Dittwar, Philipkowski (72. Eckstein), Grahammer - Greiner (46. Stenzel), Andersen
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