■ Mit Corporate Fashion auf du und du: Mode an die Salattheke
Nürnberg (taz) – Triste Kittelfrauen im Supermarkt, langweilige graue Herren in der Bank, orange strahlende Männer bei der Müllabfuhr scheinen das Image der Arbeitskleidung auszumachen. Dabei predigen Marketingexperten schon lange, daß Kleider nicht nur Leute, sondern auch Firmen machen. Unternehmensberater Ruedi Alexander Müller aus Zürich ist überzeugt, daß zum perfekten Design eines Unternehmens auch die Kleidung der Mitarbeiter gehört.
„Ein Dienstleistungsunternehmen muß sich mit der Kleidung seiner Leistungserbringer auseinandersetzen“, meint Müller. Der Gießener Marketing- Professor Franz-Rudolf Esch bestätigt das. Dienstleistung sei eine Marke, die gleichbleibende Leistung verspreche. Müller geht noch weiter: „Die Unternehmenskleidung legt dem Mitarbeiter Verhaltensregeln auf. Sie gibt ihm aber auch Sicherheit und Selbstvertrauen. Er fühlt sich zugehörig, und der Konsument lohnt es mit der subjektiven Wahrnehmung konstanter Qualität.“
Was noch vor Jahren den Stewardessen großer Fluglinien, dem Personal internationaler Imbißketten oder den Fahrern von Frachtunternehmen vorbehalten war, haben zur Freude der Bekleidungsindustrie inzwischen auch kleinere Firmen erkannt. Bei rückläufigem Gesamtumsatz der deutschen Bekleidungsindustrie konnte Arbeits- und Berufsbekleidung zumindest einen leichten Zuwachs verzeichnen. Und Christine Grünheid, Geschäftsführerin von VIF – The Dress Company, sieht noch Wachstumspotential. „Bei der Dienstleistungsorientierung haben wir in Deutschland noch riesigen Nachholbedarf.“
An modischem Chic und Tragekomfort hat es in der Vergangenheit oft gemangelt – zum Beispiel bei den uniformierten Postboten und Bahnschaffnern, die in ihren altertümlichen Dienstklamotten einen eher unglücklichen und muffigen Eindruck hinterließen. In zahlreichen Unternehmen war die Einheitskleidung lange Zeit verpönt, Uniformität hatte einen schlechten Beigeschmack. Grobe Materialien und mißlungene Schnitte gaben der Idee den Rest. Wer konnte, vermied die unbequemen Klamotten. „Und von Mode“, schreibt das Werbefachblatt w&v, „waren die Uniformen so weit weg wie ein Plumpsklo von Hygiene.“
Wenn Beschäftigte die Dienstkleidung gern tragen sollen, so Christiane Grünheid, müsse man sie frühzeitig bei der Auswahl beteiligen. So veranstaltete die Telekom zwei Jahre lang Tragetests und Feldstudien, ehe sie das neue Schutzbekleidungsprogramm (in Grau und Magenta) einführte. Fast 90 Prozent der Telekom-Bediensteten, so der zuständige Projektleiter, stimmten der Einführung zu. Bei einer Investition von rund 30 Millionen Mark in zwei Jahren wäre es ja auch schade, wenn die neue Dienstkleidung in den Schränken verkommen müßte. Horst Peter Wickel
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