■ Mit Aufsichtsräten auf du und du: Kein Recht zur Milde
Freiburg (taz) – Aufsichtsräte können künftig besser gerichtlich kontrolliert werden. Dies entschied gestern der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe. Anlaß für diese Klarstellung bot ein Streit im Aufsichtsrat der Rechtsschutzversicherung Arag: Der ehemalige Vorstandsvorsitzende hatte bei dubiosen Finanztransaktionen rund 80 Millionen Mark in den Sand gesetzt.
Die Mehrheit des Aufsichtsrates weigerte sich jedoch, den Hasardeur zur Kasse zu bitten. Prompt hängten wütende Aktionäre dem Aufsichtsrat eine Klage an den Hals, den Beschluß zu widerrufen. Vor dem Landgericht hatten sie Erfolg, vor dem Oberlandesgericht (OLG) nicht. Das OLG wollte verhindern, daß unternehmerische Entscheidungen zu sehr verrechtlicht werden. Schließlich gebe es nachvollziehbare Gründe für die Milde, etwa den Firmenruf nicht zu schädigen. Das ließ der BGH nicht gelten: Wenn es darum gehe, daß der Vorstand eines Unternehmens sein Amt zu verbotenen Tricks benutzt hat, könne sich der Aufsichtsrat als Kontrollorgan nicht einfach auf seine Handlungsfreiheit berufen. Er müsse vielmehr eine Prozeßrisikoanalyse vornehmen und dann über eine Klage gegen das untreue Führungspersonal entscheiden. Wenn „nach aller Voraussicht“ ein Schadensersatzanspruch eingeklagt werden kann, dann müsse die Klage erhoben werden.
Ein Schlupfloch ließ der BGH den Aufsichtsräten: Wenn die gegen eine Klage sprechenden Gründe ein genauso hohes Gewicht haben wie das Interesse am finanziellen Ausgleich, dann darf Milde vor Recht ergehen. Mit diesem Grundsatz muß das OLG neu entscheiden. Christian Rath
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