■ Mit Aktienkursen auf Du und Du: Sag niemals „Crash“
Berlin (taz) – Alan Greenspan, der Präsident der amerikanischen Notenbank (Fed), muss jedes Wort auf die Goldwaage legen, bevor er es in den Mund nimmt. Am Donnerstag hatte er eigentlich nur gesagt, dass er nicht vor einem Börsen-Crash warnen wollte. Dass er aber den Banken empfehle, Kapitalreserven zur Absicherung gegen größere Einbußen am Markt beiseite zu legen – für alle Fälle. „Die Diversifizierung von Anlagen könnte sich unter Berücksichtigung aller Szenarien als nicht ausreichend erweisen“, orakelte der Notenbankchef. Das reichte schon: Innerhalb von Minuten brachen die Kurse an der Wall Street ein. Wenige Stunden später – immerhin war es dort mitten in der Nacht – reagierten auch die Aktienmärkte in Europa. In Japan büßte der Nikkei-Index rund 1 Prozent ein.
Die Stimmung ist seit einiger Zeit nervös: In den USA hat der anhaltende Wirtschaftsboom – vor allem die Erwartung von Lohnsteigerungen – Inflationsängste geschürt. Deshalb wird erwartet, dass die Fed die Zinsen weiter heraufsetzt. Im August hatte sie die Zinsen tatsächlich bereits um 0,25 Prozent erhöht. Anfang Oktober kündigte Greenspan an, er wolle die „Zügel straffen“. Und wenn die Zinsen steigen, fallen die Aktienkurse.
Auch in Euroland sprechen zwei Gründe für eine Zinserhöhung. Erstens: Die Konjunktur hat sich in der zweiten Jahreshälfte deutlich belebt. Zweitens: Die Geldmenge ist im Euroraum mit fast 6 Prozent stärker gewachsen, als die EZB es mit 4,5 Prozent prognostiziert hat. Das und die Tatsache, dass die private Kreditnachfrage spürbar gestiegen ist, deuten auf einen Anstieg der Inflation hin. Katharina Koufen
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