: Misstrauen und Vorwürfe im Kongo
UNO, Rebellen und Regierung liegen miteinander im Clinch. Die Chancen für eine Friedenslösung schwinden
BERLIN taz ■ Der Friedensprozess in der Demokratischen Republik Kongo droht zu scheitern. Zwischen der Regierung von Präsident Joseph Kabila und der von Ruanda unterstützten Rebellenbewegung RCD (Kongolesische Sammlung für Demokratie), die den Osten des Landes beherrscht, mehren sich die Konfliktpunkte.
Gefährlichster Brennpunkt ist Kisangani am Oberlauf des Kongo-Flusses, größte Stadt des RCD-Gebiets. Die RCD weigert sich, ihre Truppen aus Kisagani zurückzuziehen, wie es die UNO verlangt, und argumentiert, dies sei nicht im Sinne des geltenden Kongo-Friedensplans. Sie hat stattdessen ihre zivile Präsenz in Kisangani verstärkt und beschuldigt die Regierungstruppen, in der Region aufzurüsten. So stehen sich am Rand der strategisch wichtigen Stadt Ikela 300 Kilometer südwestlich von Kisangani Regierungstruppen und RCD-Truppen direkt gegenüber.
Am Mittwoch forderte Kongos Regierung eine Sondersitzung des UN-Sicherheitsrats, um Zwangsmaßnahmen gegen die RCD wegen Kisangani zu beschließen. Solche Maßnahmen sind aber unwahrscheinlich, denn die UN-Mission vor Ort sagt, sie vertraue im Umgang mit der RCD auf ihre Überredungskünste.
Nicht nur die Rebellenseite bereitet der UNO Probleme. Die „Gemeinsame Militärkommission“, in der die im Kongo militärisch präsenten Länder zusammen mit der UNO sitzen und die Einhaltung des Waffenstillstands überwachen, warf der Regierungsarmee am 9. Juli vor, in der Südprovinz Katanga die Waffenstillstandslinie überschritten und vier Ortschaften in der Nähe des Tanganyika-Sees besetzt zu haben. Dies sei eine „schwere Verletzung“ des Friedensabkommens. Am Ufer des Tanganyika-Sees sind Kämpfe zwischen RCD und ruandisch-burundischen Hutu-Milizen im Gange; Letztere sollen von der Regierung Kabila unterstützt werden. Die UNO äußert sich dazu nicht präzise. UN-Kommandant Mountaga Diallo sagte am Dienstag lediglich, die Kämpfe intensivierten sich.
Diese Vorgänge lassen die Chancen auf eine Friedenslösung im Kongo schwinden. Eine für den 16. Juli geplante Vorbereitungsrunde für den „innerkongolesischen Dialog“ zwischen allen politischen Kräften des Landes ist bereits auf den 20. August verschoben worden. Sollte auch dieser Termin nicht eingehalten werden, verliert die Regierung Kabila die von der EU versprochene neue Entwicklungshilfe.
Im Regierungslager wächst wegen dieses Junktims wieder das Misstrauen gegenüber dem Rest der Welt, wie in den Zeiten von Joseph Kabilas ermordetem Vater Laurent Kabila. Es zirkulieren Gerüchte über von Europa unterstützte Putschplanungen. Die Kabila-nahe Zeitung L’Avenir in Kinshasa warf der UN-Mission vor einer Woche Gold- und Diamantenschmuggel im Rebellengebiet vor. DOMINIC JOHNSON
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