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„Missbrauch von Marktmacht“Deutsche Bahn muss Daten teilen

Immer mehr Mobilitätsplattformen verkaufen Bahntickets. Sie brauchen Zugang zu Informationen über Zugausfälle und Verspätungen, sagt das Kartellamt.

Wer mit der Bahn fahren will, tut gut daran, die Tickets auch direkt bei der Deutschen Bahn zu kaufen Foto: Ralph Peters/imago

Berlin dpa/afp | Wer mit der Bahn fahren will, tut derzeit noch gut daran, die Tickets auch direkt bei der Deutschen Bahn (DB) zu kaufen. Denn die teilt wichtige Daten wie etwa Verspätungen, Zugausfälle oder zusätzliche Halte nicht mit konkurrierenden Online-Plattformen wie Trainline oder Omio. Das ist allerdings wettbewerbswidrig und benachteiligt die anderen Anbieter, findet das Bundeskartellamt. Nachdem sie dieses Verhalten im vergangenen Jahr bereits abgemahnt hatte, erlässt die Behörde nun klare Anweisungen – nicht nur für die Datenweitergabe.

Die anderen Unternehmen bräuchten die Informationen der Bahn, um sinnvoll nutzbare Tickets zu verkaufen, hieß es vom Bundeskartellamt. Der Konzern verweigere „den Mobilitätsplattformen den fortlaufenden und diskriminierungsfreien Zugang zu allen von der DB kontrollierten Verkehrsdaten in Echtzeit, die für die Organisation und Buchung von Reisen mit unterschiedlichen Verkehrsmitteln unerlässlich sind“.

Man sei deshalb zu dem Schluss gekommen, dass die Bahn ihre „Schlüsselstellung auf den Verkehrs- und Infrastrukturmärkten“ ausnutzt, um den Wettbewerb durch Mobilitätsplattformen einzuschränken, sagte Kartellamtschef Andreas Mundt. „Wir wollen verhindern, dass die Deutsche Bahn mit ihren eigenen unternehmerischen Interessen ihre Dominanz im Schienenpersonenverkehr auch auf zukunftsweisende Mobilitätsmärkte ausweitet und innovative Mobilitätsanbieter ausgebremst werden.“ Da eine „einvernehmliche Verfahrensbeendigung“ gescheitert sei, ordne das Kartellamt nun Verbesserungen behördlich an.

Es geht auch um Provisionen

Die Behörde monierte zudem, dass die Bahn den Wettbewerbern zudem eine Provision für die Vermittlung der Bahntickets vorenthalten habe. Auf diese sind die Wettbewerber angewiesen, damit es sich überhaupt rechnet, Fahrkarten über die eigenen Plattformen zu verkaufen.

Das Bundeskartellamt hat den Konzern deshalb angewiesen, künftig „ein an kartellrechtlichen Mindeststandards orientiertes Leistungsentgelt zu zahlen“. Das Gleiche gelte für die Vermittlungsprovision selbst. „Die genaue Höhe der Provisionen bleibt den Verhandlungen zwischen der DB und ihren Vertragspartnern vorbehalten.“ Die Wettbewerber dürfen zudem künftig eigene Rabattaktionen, Bonuspunkt- oder Cashbackprogramme einsetzen. „Hierdurch wird eine Ungleichbehandlung mit der DB selbst, die ihrerseits ihre eigenen Angebote mit diesen Mitteln bewirbt, beendet“, hieß es.

Die Konkurrenz äußerte sich am Mittwoch erfreut über die Entscheidung der Behörde. „Die heutige Entscheidung des Bundeskartellamts ist ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung für die deutschen Bahnreisenden“, teilte Jody Ford, Chef der Vertriebsplattform Trainline, mit. „Es ist eine kategorische und klare Entscheidung für gleiche Wettbewerbsbedingungen zwischen der DB und digitalen Plattformen.“

Die Bahn kritisierte die Entscheidung wiederum und kündigte Rechtsmittel an. „Das Bundeskartellamt greift in Kernfragen in die unternehmerische Freiheit der DB ein“, teilte der Konzern mit. Der Beschluss habe weitreichende wirtschaftliche Folgen für das Unternehmen. „Den hohen Mehrbelastungen durch die geforderten Änderungen am Vertriebsmodell stehen keine entsprechenden Einsparungen oder Zusatzeinnahmen gegenüber.“

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8 Kommentare

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  • Bahn ... kündigte Rechtsmittel an"



    Warum? Weil es den verantwortlichen Managern nichts kostet.



    Das muss ein Ende haben !



    Die Managerriege muss bis auf die Unterbuchse persönlich haften!



    Was sag ich: Bis auch die Knochen!

    Denn das wird ja alles auf den Fahrpreis umgelegt und ist damit aus unserem Portemonnaire !

    • @Bolzkopf:

      Naja, mögliche Provisionen, die perspektivisch gezahlt werden müssen, werden ja auch auf die Preise umgelegt werden. Da sind die Rechtsmittel erstmal das günstige Mittel, das ist Ihnen bei den Ressentiments gegen Managern aber scheinbar entgangen.

      • @unbedeutend:

        Die Provisionen schöpfen ihren Mehrwert ja nicht "aus dem Nichts" sondern daraus dass jemand den Vertrieb übernimmt und damit die Bahn die eigenen Vertriebskosten spart.



        Und diese Ersparnis als Provision weiterzureichen ist ja nur recht und billig.

        • @Bolzkopf:

          Aber warum sollte die Bahn den Vertrieb Dritten überlassen und den eigenen Vertrieb komplett einstellen? Allein schon weil bei einer völligen Aufgabe der eigenen Vertriebskanäle das Drohpotential erheblich wäre, wäre es völlig unnötig. Und das die Plattformen dauerhaft günstiger den Vertrieb übernehmen ist sehr unwahrscheinlich, hierfür braucht man eigentlich nur auf Marktentwicklung bei den Vertriebswegen von Konzertkarten blicken.

          • @unbedeutend:

            Ich erlääär's ihnen:

            Z.B.



            - Ein Reisebüro, dass für die Kunden ein komplette "Haus-zu-Haus" Reise zuammenstellt verkauft dabei ja auch Bahntickets.

            - Sie kaufen bei der Westfalenbahn eine Reise nach ... Nürnberg. Dabei verkauft ihnen die WB natürlich auch DB-Fahrkarten für die Strecke auf der WB nicht anbietet.

            Und das ist eine absolut sinnvolle Serviceleistung - oder wollen sie bei jedem Umstieg ein neues Ticket lösen ?

            Und an der Stelle möchte ich auch nochmal an die Verrücktheit erinnern, dass das 49€-Ticket nicht in allen Regionalbahnen der DB gilt - mit der Begründung, dass ausgerechnet dieser Regionalzug von irgendeiner anderen Tochter des DB-Konzerns betrieben wird.

            Und seien sie versichert: Dass sind die für's 49€-Ticket besonders attraktiven Strecken und Zeiten.



            Zudem dürften viele dieser Strecken zufällig genau "passend" zu den entsprechenden DB-Töchtern verlagert worden sein.

            Ein Schelm, der Böses dabei denkt.

            • @Bolzkopf:

              Ihr Beispiel zeigt doch aber, dass es funktionierende Vertriebswege von Drittanbietern gibt, die auch ohne die Weitergabe von Verkehrsdaten funktionieren. Also, wo ist der Mehrwert der Plattformen, z.T. angesiedelt in Steueroasen? Spontan ein Ticket kaufen kann ich auch jederzeit über die DB-App.



              Sie brauchen auch gar nicht zum 49-Euro Ticket schwenken, da das ein völlig anderer Sachverhalt.

              • @unbedeutend:

                Natürlich gibt es Die - aber die DB-AG weigert sich halt chronisch das entsprechend zu honorieren (Provisionen). Also sind die Drittanbieter tendentiell teuer denn das buchen für den Kunden kostet ja auch Zeit (Arbeitslohn)



                Und natürlich funkioniert das auch ohne die Weitergabe von Verkehrsdaten.



                Aber es benachteiligt die Drittanbieter weil die ihren Kunden nicht soviel Service (z.B. SMS über Verspätungen) bieten können wie die DB.

                Das 49€-Ticket ist in der Tat ein anderer Sachverhalt - zeigt aber sehr deutlich wie kundenunfreundlich die Bahnmanager "ticken".

  • Das Geschäftsmodell, dass hier durch das Kartellamt unterstützt wird ist ja nichts anderes als Zwischenhandel, der Mehrwert für Kunden geht ja gegen null.