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Missbrauch in der katholischen KircheBischofskonferenz mit neuem Anlauf

Nach heftigem Streit hatte die katholische Kirche ihre Studie zum Missbrauchsskandal auf Eis gelegt. Jetzt geht es weiter: Die Studie ist neu ausgeschrieben.

Missbrauch unter dem Kruzifix: Wieviel Aufklärung wird die katholische Kirche zulassen? Bild: dpa

BONN/TRIER dpa | Die katholische Kirche nimmt einen neuen Anlauf, den Missbrauchsskandal in den eigenen Reihen wissenschaftlich aufarbeiten zu lassen. Nachdem Anfang des Jahres die Zusammenarbeit mit dem Kriminologen Christian Pfeiffer gescheitert war, hat die Deutsche Bischofskonferenz die Studie jetzt neu ausgeschrieben. Für das Forschungsprojekt sollen Experten verschiedener Fachrichtungen ins Boot geholt werden, teilten die Bischöfe am Mittwoch mit.

Ziel der Studie sei weiterhin, die sexuellen Übergriffe von Priestern und anderen Geistlichen an Minderjährigen von 1945 bis heute zu analysieren, um künftig Missbrauch zu verhindern. Laut Ausschreibung soll der Projektpartner Ende des Jahres feststehen – die Studie ist von 2014 bis 2017 angesetzt.

Im Januar hatten die deutschen Bischöfe dem Kriminologen Pfeiffer den Auftrag für die Missbrauchsstudie wieder entzogen, weil sie keine gemeinsame Grundlage mehr für eine Zusammenarbeit sahen. Sie hatten sich mit dem Direktor des Kriminologischen Forschungsinstituts Niedersachsen vor allem um die Veröffentlichung von Forschungsergebnissen gestritten.

Der Streit ging bis vor Gericht, beide Seiten nahmen im März einen Vergleichsvorschlag an.

Die katholische Kirche hatte die Studie auf den Weg gebracht, nachdem sie 2010 vom Skandal um jahrzehntelangen Missbrauch an Kindern und Jugendlichen erschüttert worden war. Die Bischofskonferenz geht von mindestens 1.200 Opfern aus.

In einem ersten Teil des Projekts sollen Personalakten hinsichtlich möglicher Missbrauchs-Taten ausgewertet werden. In einem zweiten Teil sollen das Vorgehen der Täter und das Verhalten von Verantwortlichen der Kirche unter die Lupe genommen werden. In einem dritten Abschnitt sollen nationale und internationale Befunde plus bisherige Ergebnisse zum Missbrauchsskandal zusammengetragen werden.

Die Ausschreibung sieht vor, dass das Projekt von mehreren Partnern – etwa Hochschulen und anderen wissenschaftlichen Einrichtungen – gestemmt wird.

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5 Kommentare

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  • "Fester Bestandteil des Projekts soll der Austausch mit Betroffenen sein, die als Minderjährige sexuellen Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche erleiden mussten."

     

    Welche Kirchenopfer sollten sich dafür zur Verfügung stellen?

     

    Mit den Rechten ihrer eigenen Angehörigen nahm es die RKK in der Vergangenheit viel genauer als mit denen der Missbrauchsbetroffenen. "Opfer" bedeutet auch immer geopfert worden zu sein.

     

    Sowieso ist der folgsamste und abhängigste Mitarbeiter einer, gegen den man was in der Hand hat. Vor allem wenn er derart abhängig von seinem "Unternehmen" ist wie ein Priester oder eine Ordensfrau von der katholischen Kirche.

     

    In dieser Hinsicht würde sich der vorgebliche institutionelle Sehfehler der RKK leicht erklären lassen.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von über 7 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland die in ihrer Kindheit Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

  • Was wird denn hier eigentlich ermittelt? Nur, wie viele entsprechende Einträge sich in den Unterlagen über das Kirchenpersonal befinden. Übrigens nur des männlichen. Frauen missbrauchen nicht?!?

    Was sagen diese Zahlen dann aus?

    Findet man was, hieße das: "ihr habt doch die ganze Zeit gewusst, was Sache ist". Das wären personaltechnisch schon Big-Brother-Methoden. Angeblich war man doch "völlig überrascht" und "vollkommen schockiert" über die Dimensionen der Übergriffe.

    Durchsicht von Personalakten: ist das nicht eigentlich die Aufgabe der entsprechenden Vorgesetzten der kirchlichen MitarbeiterInnen? Wozu Wissenschaftler?

     

    Die RKK-Verantwortlichen, z.B. Herr Stephan Ackermann haben ja immer wieder betont, dass derartige Einträge nach 10 Jahren aus der Akte verschwinden und dann der zuständige Bischof Notizen über die Vorfälle archiviert. Und sonst niemand. Würde es denn dann nicht ausreichen, wenn diese Bischöfe ihre so genannten "Missbrauchsarchive" öffnen?!?

  • Hier der Text der Ausschreibung: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2012/2013-132a-Forschungsprojekt-Ausschreibung_Anlage.pdf

     

    "In einem ersten Teil des Projekts sollen Personalakten hinsichtlich möglicher Missbrauchs-Taten ausgewertet werden."

     

    Daran war u.a. die Beauftragung Herrn Pfeiffers gescheitert. Datenschutzproblem zwischenzeitlich gelöst? http://www.priesternetzwerk.net/gfx/pressespiegel/2011_Stellungnahme_zum_kirchlichen_Datenschutz.pdf

     

     

    "Quantitativer Teil: Zur Erhebung von quantitativen Daten zum sexuellen...soll eine Analyse der Personalakten vorgenommen werden:

    • in 9 Bistümern von 1945 bis heute

    • in 18 Bistümern von 2000 bis heute"

     

    Wer wählt diese Bistümer aus? 2011 war noch von allen Personalakten der vergangenen 65 Jahre die Rede gewesen.

  • "Fester Bestandteil des Projekts soll der Austausch mit Betroffenen sein, die als Minderjährige sexuellen Missbrauch im Bereich der katholischen Kirche erleiden mussten."

     

    Welche Kirchenopfer sollten sich dafür zur Verfügung stellen?

     

    Mit den Rechten ihrer eigenen Angehörigen nahm es die RKK in der Vergangenheit viel genauer als mit denen der Missbrauchsbetroffenen. "Opfer" bedeutet auch immer geopfert worden zu sein.

     

    Sowieso ist der folgsamste und abhängigste Mitarbeiter einer, gegen den man was in der Hand hat. Vor allem wenn er derart abhängig von seinem "Unternehmen" ist wie ein Priester oder eine Ordensfrau von der katholischen Kirche.

     

    In dieser Hinsicht würde sich der vorgebliche institutionelle Sehfehler der RKK leicht erklären lassen.

     

    Angelika Oetken, Berlin-Köpenick, eine von über 7 Millionen Wahlberechtigten in Deutschland die in ihrer Kindheit Opfer schweren sexuellen Missbrauchs wurden

  • Hier der Text der Ausschreibung: http://www.dbk.de/fileadmin/redaktion/diverse_downloads/presse_2012/2013-132a-Forschungsprojekt-Ausschreibung_Anlage.pdf

     

    "In einem ersten Teil des Projekts sollen Personalakten hinsichtlich möglicher Missbrauchs-Taten ausgewertet werden."

     

    Daran war u.a. die Beauftragung Herrn Pfeiffers gescheitert. Datenschutzproblem zwischenzeitlich gelöst? http://www.priesternetzwerk.net/gfx/pressespiegel/2011_Stellungnahme_zum_kirchlichen_Datenschutz.pdf

     

     

    "Quantitativer Teil: Zur Erhebung von quantitativen Daten zum sexuellen...soll eine Analyse der Personalakten vorgenommen werden:

    • in 9 Bistümern von 1945 bis heute

    • in 18 Bistümern von 2000 bis heute"

     

    Wer wählt diese Bistümer aus? 2011 war noch von allen Personalakten der vergangenen 65 Jahre die Rede gewesen.

     

    Was wird denn hier eigentlich ermittelt? Nur, wie viele entsprechende Einträge sich in den Unterlagen über das Kirchenpersonal befinden. Übrigens nur des männlichen. Frauen missbrauchen nicht?!?

    Was sagen diese Zahlen dann aus?

    Findet man was, hieße das: "ihr habt doch die ganze Zeit gewusst, was Sache ist". Das wären personaltechnisch schon Big-Brother-Methoden. Angeblich war man doch "völlig überrascht" und "vollkommen schockiert" über die Dimensionen der Übergriffe.

    Durchsicht von Personalakten: ist das nicht eigentlich die Aufgabe der entsprechenden Vorgesetzten der kirchlichen MitarbeiterInnen? Wozu Wissenschaftler?

     

    Die RKK-Verantwortlichen, z.B. Herr Stephan Ackermann haben ja immer wieder betont, dass derartige Einträge nach 10 Jahren aus der Akte verschwinden und dann der zuständige Bischof Notizen über die Vorfälle archiviert. Und sonst niemand. Würde es denn dann nicht ausreichen, wenn diese Bischöfe ihre so genannten "Missbrauchsarchive" öffnen?!?