piwik no script img

Ministertreffen AfghanistanAufstockung deutscher Truppen geplant

Die Bundesregierung wird ihren Verbündeten wohl 1.000 Soldaten mehr anbieten. Außerdem soll die Bundeswehr mehr als bisher den Kontakt zur Bevölkerung suchen.

Bisher ist das deutsche Kontingent in Afghanistan auf 4500 Soldaten begrenzt. Bild: dpa

BERLIN taz | Auf eine andere Strategie für den deutschen Einsatz in Afghanistan wollen sich am Montagabend im Kanzleramt die Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und ihre Minister für Außen, Innen, Entwicklung und Verteidigung einigen. Die FAZ meldete zuvor, dass die Bundesrepublik auf der internationalen Afghanistan-Konferenz am Donnerstag in London wohl eine Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents um 500 auf 5.000 Soldatinnen und Soldaten anbieten werde - plus eine "Reserve" von 500 Leuten.

Entscheidungen, so betonte am Montag Vize-Regierungssprecher Christoph Steegmans, würden jedoch erst nach der Konferenz getroffen. Inwiefern die zusätzlichen deutschen Truppen der Ausbildung der Afghanischen Nationalarmee ANA dienen sollen, blieb zunächst offen. Ausbildung von Armee und Polizei dürften in London zur Priorität des Nato-Einsatzes erklärt werden.

Gegenwärtig sind von 4.300 Bundeswehrsoldaten in Afghanistan knapp über 200 mit der ANA-Ausbildung befasst. Das Innenministerium gab den Stand der zur Polizeiausbildung eingesetzten Polizisten mit 147 an. Außenminister Guido Westerwelle (FDP) verkauft derzeit die schon lange angekündigte Aufstockung der Polizeikräfte auf 200 als Neuigkeit.

Verteidigungsminister Karl-Theodor zu Guttenberg erklärte am Montag via FAZ, was er vergangene Woche im Bundestag angedeutet hatte: Die Bundeswehr solle in ihrem Einsatzgebiet in Nordafghanistan künftig bei der ANA-Ausbildung und beim Schutz ziviler Aufbauhilfe "mehr Präsenz in der Fläche" zeigen. Das heißt, dass die Bundeswehr mehr aus den Lagern herauskommen und den Kontakt zur Bevölkerung suchen soll.

Dies, sagte Guttenberg, "bedeutet nicht automatisch mehr Risiko". Er deutete aber an, dass eine zusätzliche Gefährdung möglich sei: "Ein Einsatz in Afghanistan kann nie risikofrei sein." Vergangene Woche hatte der Oberbefehlshaber der Isaf-Truppen Stanley McChrystal gefordert, die Bundeswehr müsse ihre Lager mehr verlassen, sonst sei ihr Einsatz "irrelevant". Auf die weitergehende Forderung von Nato-Generälen, dass die Deutschen mit den afghanischen Truppen auch in den afghanischen Süden gehen müssten, ging Guttenberg nicht ein.

Am Montag erklärte McChrystal in der Financial Times, die 30.000 zusätzlich von den USA geschickten Soldaten sollten in diesem Jahr die Aufständischen so schwächen, dass ihre Anführer zu einer politischen Einigung bereit seien. Er schloss auch eine Regierungsbeteiligung der Taliban nicht aus. Die britische Presse berichtete, das Abschlussdokument von London sehe vor, dass die internationalen Truppen noch mindestens drei Jahre in Afghanistan blieben. Die afghanischen Sicherheitskräfte sollten in drei bis fünf Jahren Verantwortung übernehmen. Dies entspricht der Planung des afghanischen Präsidenten Hamid Karsai.

Karsai traf sich Montag in Istanbul mit dem türkischen Präsidenten Abdullah Gül und dem pakistanischen Staatschef Asif Ali Zardari, um die Konferenz in London vorzubereiten. Die Türkei sagte aus diesem Anlass eine Aufstockung auch ihrer Entwicklungshilfe zu.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

2 Kommentare

 / 
  • K
    Klingelhella

    Genau, super Plan: möglichst schnell die militärischen Aufgaben an die Afghanen selbst outsourcen. Dann kann ein von Deutschen ausgebildeter Apparat das nachweislich nicht demokratisch gewählte Karsai-Regime mit Waffengewalt stützen! Spart uns Geld und Leben.

     

    Problem nur: die USA lassen den Konflikt da drüben bewusst eskalieren, sehr gut an Pakistan zu sehen. Wenn irgendeiner von diesen Polit-Pfosten glaubt, wir könnten nach getaner Arbeit bzw. erreichtem Einsatzziel zufrieden nach Haus' ziehen, ist das Quatsch. Ohne transatlantische Widerworte wird es nicht gehen.

     

    Danke übrigens dafür nochmal an Schröder und Fischer!

  • A
    Amos

    Westerwelle hat keinerlei Format. Er ist nichts weniger als ein Wichtigtuer. Seine Politik geht mit Bushs Politik konform. Sei es die "Hofierung der Reichen", die Verstümmelung der Krankenversicherung, kein Durchblick bei den Finanzen, nur leere Versprechungen.Genau so ein Hallodri wie Bush es war. Durch Dummschwätzerei an die Macht gekommen.