Ministerpräsidentenwahl: Heidemörder reloaded?
Bei der konstituierenden Sitzung des Kieler Landtags wird Peter Harry Carstensen als Ministerpräsident wiedergewählt und bekommt auch eine Stimme von der Opposition.
Bei der Vertrauensfrage im Juli mochte nicht mal er für sich selbst stimmen. Am Dienstag, einen Monat nach der vorgezogenen Neuwahl, die dem Bruch der schwarz-roten Koalition folgte, wurde Peter Harry Carstensen als Ministerpräsidenten von Schleswig-Holstein wiedergewählt. 50 der 95 Abgeordneten des Kieler Landtages votierten für den CDU-Politiker - einer mehr, als die regierungstragenden Fraktionen von CDU und FDP gemeinsam haben.
"Das war wieder die gleiche Person wie vor vier Jahren", vermutete Anke Spoorendonk (SSW) - der "Heidemörder" also, der 2005 Heide Simonis in vier Wahlgängen seine Stimme verweigerte. Dass es ein Sozialdemokrat gewesen sei, schloss SPD-Parteichef Ralf Stegner aus: "Das können Sie vergessen." Robert Habeck, Fraktionschef der Grünen, sagte: "Hätte es eine Stimme weniger für Carstensen gegeben, könnte ich jetzt von einer geschwächten Regierung sprechen - so sieht es aus, als sei die Opposition nicht geschlossen." Die Extra-Stimme sei nicht von seiner Fraktion gekommen: "Das schließe ich aus." Für die Linke, die neu ins Parlament eingezogen ist, sagte Uli Schippels: "Wir warens nicht".
Der 62-Jährige Carstensen sagte nach der Wahl, er sei "dankbar, glücklich und tief bewegt". Er wolle sich für alle Menschen im Land einsetzen. An die Opposition gewandt, vor allem an die ehemalige Koalitionspartnerin SPD, sprach er davon, gemeinsam die Herausforderungen zu meistern: "Ich reiche Ihnen die Hand, gerade nach einem harten Wahlkampf." In den Reihen der SPD-Fraktion regte sich kein Beifall.
Von Zusammenarbeit, Freundschaft über Parteigrenzen hinweg und Streit um die Sache, der nicht zu Feindschaft werden dürfe, hatten zuvor auch Alterspräsident Lothat Hay (SPD) und Torsten Geerdts (CDU) gesprochen. Der 46-Jährige wurde mit großer Mehrheit zum neuen Landtagspräsidenten gewählt. Er werde parteilich neutral, aber politisch sein, versprach er. Als wichtige Punkte nannte er die Verbindung von Ökologie und Ökonomie, den Kampf gegen Kinderarmut und Integrationspolitik. Der Landtag solle, gerade weil viele junge Abgeordnete eingezogen seien, ein "Ideenforum" werden.
Nach der Konstituierung des Parlaments trat das neue Kabinett zusammen, dem vier CDU- und drei FDP-Minister angehören: Rainer Wiegard (Finanzen), Klaus Schlie (Inneres), Jost de Jager (Wirtschaft, Wissenschaft) und Juliane Rumpf (Landwirtschaft, Umwelt). Für die FDP sind dabei Heiner Garg (Arbeit, Soziales), Ekkehard Klug (Bildung,Kultur) und der parteilose Emil Schmalfuß (Justiz, Atomaufsicht). Die fast reine Männerriege in der ersten Reihe wird durch sieben männliche und drei weibliche Staatssekretäre ergänzt. Ob die Regierung Bestand hat, entscheidet das Verfassungsgericht: Es gibt eine Klage gegen die Überhangmandate, denen Schwarz-Gelb ihre Drei-Stimmen-Mehrheit verdankt.
Der Landtag setzte gleich einen neuen Untersuchungsausschuss zur HSH Nordbank ein. Das Gremium soll die politische Verantwortung für die Misere der gemeinsamen Landesbank mit Hamburg aufklären. Es geht dabei auch um die Rolle von Finanzminister Wiegard, der auf Druck der FDP die Zuständigkeit für die Bank an das Wirtschaftsministerium abgeben musste.
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