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Minister Bohlin über Sicherheitspolitik„Unsere Behörden sind in Alarmbereitschaft“

Schwedens Minister für Zivilverteidigung Carl-Oskar Bohlin fordert mehr Verteidigungsbereitschaft. Bei der Sicherheit dürfe es keine Kompromisse gebe.

Schwedens Minister für Zivilschutz, Carl-Oskar Bohlin Foto: Claudio Bresciani/TT News Agency
Anne Diekhoff
Interview von Anne Diekhoff

taz: Nach der Beschädigung zweier Datenkabel in der Ostsee diese Woche ermitteln schwedische Behörden nun wegen Sabotageverdachts. Was passiert als Nächstes?

Carl-Oskar Bohlin: Die Tatorte am Meeresboden werden derzeit untersucht, damit man sich ein Bild davon verschaffen kann, was genau passiert ist.

Im Interview: Carl-Oskar Bohlin

ist Minister für Zivilverteidigung. Er ist zuständig für die zivile Notfallplanung sowie den Zivilschutz.

taz: Was sind für Sie die Konsequenzen aus dem Vorfall?

Bohlin: Wir nehmen diese Situation sehr ernst. Das sieht man auch daran, dass wir sehr schnell die Voruntersuchung eingeleitet haben. Unsere Behörden sind in Alarmbereitschaft, es vergingen kaum 24 Stunden von der Zerstörung des zweiten Kabels bis zum Beginn der ersten Ermittlungsmaßnahmen.

taz: Sie hatten Anfang des Jahres mit einer Rede für Furore gesorgt, in der Sie beklagten, Schwedens Gesellschaft sei nicht ausreichend vorbereitet für den Fall, dass der Krieg kommt. Ihnen wurde unter anderem übertriebener Alarmismus vorgeworfen – hatten Sie mit dieser Reaktion gerechnet?

Bohlin: Es war doch eine kleine, wenn auch ziemlich laute Minderheit, die das alarmistisch fand. Einige der Akteure hätten mich aber so oder so kritisiert, egal, was ich gesagt hätte. Einfach, weil das zur innenpolitischen Debatte in Schweden dazugehört. Was wir doch feststellen können, ist, dass die Rede einen sehr positiven Effekt hatte – die schwedische Bereitschaftsarbeit hat in diesem Jahr Fahrt aufgenommen, in Behörden wie auch in Kommunen. Wir können auch sehen, dass das Interesse an den freiwilligen Verteidigungsorganisationen zugenommen hat. Also genau die Art von Maßnahmen, die man sehen will, wenn die Sicherheitslage sich verschlechtert.

taz: Sie sagten damals, dass die mangelnde Krisenbereitschaft des Landes Sie nachts wach liegen lasse. Sie sind jetzt beruhigt?

Bohlin: Das war eher ein Ausdruck meiner Frustration darüber, dass die Dinge zu langsam gingen. Wir haben in Schweden eine Verwaltungstradition, die manchmal davon ausgeht, dass man unendlich Zeit, aber wenig Geld hat. Jetzt haben wir aber die Situation, in der wir große Ressourcen einsetzen und nicht unendlich Zeit haben. Wir müssen Kapazität und Kompetenz aufbauen in den Bereichen, auf die wir setzen, und das verlangt, dass wir smarter und in mancher Hinsicht schneller arbeiten – und manchmal auch die Ansprüche ein bisschen runterschrauben: Denn es ist besser, morgen 80 Prozent zu erreichen als 100 Prozent in fünf Jahren.

taz: Die eigene Energieversorgung gehört zu den zentralen Bestandteilen der Verteidigungsbereitschaft. Das hoben mehrere Kritiker hervor, nachdem die Regierung 13 Offshore-Windparks wegen Sicherheitsbedenken die Genehmigung verweigerte. Wird die Regierung sich noch einmal auf Lösungssuche begeben, wie man Windkraft und Sicherheit vereinen kann?

Bohlin: Die Regierung nimmt solche Entscheidung natürlich nicht auf die leichte Schulter. Das Militär hat die Einschätzung vorgenommen, dass Windräder an den vorgesehenen Stellen die militärische Sicherheit beeinträchtigen würden, und die Regierung teilt diese Einschätzung. Man kann bei unserer Sicherheit keine Kompromisse machen. Es sind zwei legitime Interessen, die sich hier gegenüberstehen – aber das eine übertrifft das andere in diesem Fall.

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3 Kommentare

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  • Seine Forderung nach mehr Tempo ist absolut richtig, vor allem in einer Zeit, in der geopolitische Spannungen die Sicherheitslage immer unsicherer machen. Dass viele Menschen sich inzwischen freiwillig engagieren, zeigt, wie ernst die Lage wahrgenommen wird. Das würde man sich für diesen Land auch wünschen, aber da kann man die Hoffnung begraben.

  • "Wir haben in Schweden eine Verwaltungstradition, die manchmal davon ausgeht, dass man unendlich Zeit, aber wenig Geld hat." Der Unterschied zu Deutschland ist, dass in Schweden dies auch jemand erkennt, ausspricht und anscheinend ändert.



    Was der Mann sagt, erscheint mir sehr pragmatisch. Das Notwendige wird mit dem Möglichen abgeglichen und entsprechend umgesetzt.



    Hierzulande gibt es die Erkenntnisse (dass die Instrumente der Sicherheit der Lage angepasst werden müssen) auch. Leider bleiben sie in der Phase der Diskussion und Abstimmung in allen möglichen Mühlen hängen. "Es war doch eine kleine, wenn auch ziemlich laute Minderheit, die das alarmistisch fand." Und dann?

  • vernünftig redet der Mann daher. Seit drei Jahren wütet der Krieg. Gibt es seitens der deutschen Politik nun neue Konzepte für Luftschutzräume (egal ob Tiefgaragen oder Bunker)? Drei Jahre sind ins Land geflossen.