Minenkatastrophe hat ein Nachspiel: Mordanklage gegen Manager
19 Menschen starben, als in Brasilien die Mauer eines Klärschlammbeckens brach. Die Staatsanwaltschaft sagt: kein Unfall, sondern Folge von Profitgier.
Die Anklageschrift spricht eine deutliche Sprache: Die Manager hätten gewusst, dass ein Bruch des Klärschlammbeckens möglich sei. Der Mordvorwurf stützt sich auf die Annahme, dass die Manager aus Profitinteresse handelten und den Anwohnern keine Chance zur Flucht ließen.
Es gab keinerlei Sicherheitsvorkehrungen oder Warnsysteme für die Bevölkerung, als am 5. November 2015 Millionen Kubikmeter giftiger Schlamm aus der Anlage im Herzen des Bundesstaats Minas Gerais talabwärts stürzten. 19 Menschen kamen ums Leben. Mehrere Dörfer würden von der meterhohen Lawine fast vollständig begraben. Der Fluss Rio Doce verwandelte sich bis hin zum 300 Kilometer entfernten Atlantik in ein rot-lehmiges Schlammband.
Nachforschungen der brasilienweiten Bewegung für Staudammopfer (Movimento dos Atingidos por Barragens, kurz MAB) ergaben, dass Samarco kurz vor dem Unglück die Produktion erheblich erhöht hatte, ohne für ausreichend Auffangbecken für den Klärschlamm zu sorgen. Zudem waren offenbar bei Überprüfungen Risse in mehreren Dämmen der Staubecken festgestellt worden, ohne dass es Konsequenzen gegeben hätte. MAB wies die Behauptung zurück, es habe sich um einen Unfall gehandelt, und bezeichnete den Vorfall als Verbrechen gegen Menschen und Umwelt.
Schwere Körperverletzung und Umweltverbrechen
Die Anklage, die zusätzlich die Punkte schwere Körperverletzung und Umweltverbrechen umfasst, richtet sich auch gegen die australische Firma BHP Billiton und den brasilianischen Minenkonzern Vale, denen Samarco jeweils zur Hälfte gehört. Unter den angeklagten Managern befinden sich Ausländer aus Großbritannien, Frankreich, Australien, Südafrika und den USA.
Allerdings kommt es in Brasilien häufiger vor, dass spektakuläre Anklagen und hohe Strafforderungen im Lauf der Instanzen an Brisanz verlieren. Manchmal können Prozesse so lange hingezogen werden, dass es überhaupt nicht zu einer Urteilsverkündung kommt.
Mit der Regierung hatte sich Samarco im März auf die Zahlung von umgerechnet gut fünf Milliarden Euro für die Behebung der ökologischen und sozialen Schäden geeinigt. Opfergruppen beklagen jedoch, dass die Hilfe nur spärlich fließt und dass sie bis heute keinerlei Rechtssicherheit über ihre Ansprüche haben.
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