Mindestlohn für Leiharbeit: Liberale Paketlösung
CDU und FDP rangeln um die Lohnuntergrenzen bei Leiharbeit, nachdem der CDU-Parteitag sich für einen Mindestlohn ausgesprochen hatte. Von "Equal Pay" ist das alles weit entfernt.
BERLIN taz | Die FDP gerät immer mehr unter Druck, der Einführung eines Mindestlohns für die Leiharbeitsbranche zuzustimmen. Nachdem sich Mitte November der CDU-Parteitag für solch einen Mindestlohn ausgesprochen hatte, legte Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) am Mittwoch nach. In der Braunschweiger Zeitung sagte sie, die bevorstehende Freizügigkeit mache ihr "wirklich Sorgen". "Wir wollen verhindern, dass über ausländische Tarifverträge Lohndumping zu uns transportiert wird."
Ab Mai 2011 wird der deutsche Arbeitsmarkt für Menschen aus osteuropäischen EU-Ländern vollständig geöffnet. Firmen aus Polen oder Lettland könnten dann hierzulande Leiharbeiter zu Dumpinglöhnen von 3 Euro anbieten. Um sich dieser unliebsamen Billigkonkurrenz zu erwehren, plädieren mittlerweile auch die Arbeitgeberverbände für verbindliche Lohnuntergrenzen. Dann müssten auch osteuropäische Leiharbeitsfirmen Stundenlöhne von 7,79 Euro (West) und 6,89 Euro (Ost) bezahlen. Auf diese Löhne hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften für die rund 921.000 Leiharbeiter geeinigt.
Doch die Gemengelage ist komplex. Die FDP ist seit längerem dafür, den Leiharbeitern statt eines Mindestlohns lieber die gleichen Löhne wie der Stammbelegschaft zu zahlen. Dieses Prinzip "equal pay" lehnt wiederum die CDU ab. Und die FDP will "equal pay" erst nach einer Einarbeitungszeit der Leiharbeiter, sagt aber nicht, wie lange diese dauern soll. Es ist ein wichtiges Detail, denn rund die Hälfte aller Leiharbeitsverhältnisse enden nach drei Monaten.
Um sich zu einigen, hat die FDP laut Heinrich Kolb, ihrem arbeitsmarktpolitischen Sprecher, der CDU jetzt eine "Paketlösung" vorgeschlagen. "Darin dürfte sich auch die Union wiederfinden", sagte Kolb zur taz. Einzelheiten wollte er nicht nennen.
Gerd Denzel, bei der Gewerkschaft Ver.di für Leiharbeit zuständig, findet die Diskussion "irrwitzig". Die FDP wolle sich ihre Zustimmung zum Mindestlohn darüber erkaufen, dass die Weiterbildungsbranche und die Briefdienstleistungen aus dem Arbeitnehmerentsendegesetz gestrichen würden. Flächendeckende Mindestlöhne wären dann für diese Branchen nicht mehr möglich. Einen Mindestlohn in der Leiharbeit sieht Denzel als "absolute Minimallösung". Er bevorzugt "equal pay", möglichst ab dem ersten Tag.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Mögliches Ende des Ukrainekriegs
Frieden könnte machbar sein
Musks AfD-Wahlempfehlung in der „Welt“
Rocky Horror Springer Show
Kleinparteien vor der Bundestagswahl
Volt setzt auf die U30
Problematischer Vorstoß der CDU
Stigma statt Sicherheit
Windräder auf Hochtouren
Neujahr war zu 125 Prozent erneuerbar
Todesgefahr durch „Kugelbomben“
Bombenstimmung nach Silvester