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Mindestlohn-DebatteSPD-Linke beharrt auf 8,50 Euro

Vom Kompromiss beim Mindestlohn in den Koalitionsverhandlungen hält der linke Flügel der SPD gar nichts. Vom Tisch ist indes die Extremismusklausel.

Selbst im Miniatur-Wunderland in Hamburg ist das Gezerre um den Mindestlohn dargestellt. Bild: dpa

BERLIN afp/dpa/taz | Der sich abzeichnende Kompromiss beim Mindestlohn zwischen Union und SPD stößt bei den SPD-Arbeitnehmern und beim linken Flügel auf erheblichen Widerstand. Der Chef des SPD-Arbeitnehmerflügels, Klaus Barthel, forderte in der Bild-Zeitung die unverzügliche Einführung eines von der Politik festgelegten gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro.

„Wir brauchen den Mindestlohn sofort. Es kann nicht sein, dass irgend eine Kommission eingesetzt wird und wir am Ende bei etwas ganz anderem landen als 8,50 Euro in der Stunde“, sagte Barthel der Zeitung.

Auch SPD-Vorstandsmitglied Sascha Vogt bekräftigte die Forderung nach einem Mindestlohn ohne Hintertür. „8,50 Euro müssen bleiben. Auch eine Kommission wird sich daran orientieren müssen“, sagte Vogt der Bild-Zeitung.

Der designierte IG-Metall-Vorsitzende Detlef Wetzel zeigte sich enttäuscht über die bisherigen Verhandlungsergebnisse. „Ich sehe nicht, dass etwas Weltbewegendes gegen den Missbrauch von Leiharbeit verabredet worden ist“, sagte er der Stuttgarter Zeitung. Zudem sei noch nichts gegen den Missbrauch von Werkverträgen und zur Einführung von Mitbestimmungsrechten der Betriebsräte in dieser Frage vereinbart. Wetzel forderte zudem, den gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro zügig einzuführen.

Gegen Neonazis ohne Unterschrift

Am Dienstag hatten sich Union und SPD bei einer großen Verhandlungsrunde im Grundsatz auf die Einführung eines allgemeinen Mindestlohnes geeinigt, allerdings nicht über dessen Höhe. Darüber soll nach der Einführung eine Kommission aus Vertretern von Arbeitgebern und Arbeitnehmern sowie Experten entscheiden.

Nicht im Koalitionsvertrag stehen wird nach einem Bericht von Zeit Online die Extremismusklausel. Die umstrittene Klausel sah bisher vor, dass sich Initiativen gegen Neonazis mit einer Unterschrift zur Demokratie bekennen, um Fördergelder vom Bund zu bekommen. Die Einigung zwischen SPD und Union ist laut Zeit Online auf Verhandlungen der SPD zurückzuführen. Für bestehende Programme gilt die Klausel jedoch nach wie vor.

An diesem Mittwoch setzen die Finanzexperten von Union und SPD in Berlin ihre Verhandlungen über eine große Koalition fort. Ein Thema wird die Finanzierung der zahlreichen kostenträchtigen schwarz-roten Koalitionsvorhaben sein, die sich auf bis zu 50 Milliarden Euro und mehr summieren. Der Spielraum ist eng, Union und SPD liegen bei der Finanzierung zusätzlicher Ausgaben noch weit auseinander. Dissens gibt es auch in der Haushaltspolitik bis Ende 2017.

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7 Kommentare

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  • K
    Koala(tions)bär

    Eine Regierungsbeteiligung einer Partei, die Thilo Sarazin in ihrer Reihen akzeptiert, bereitet mir Bauchschmerzen...

  • D
    Dirk

    " „Ich sehe nicht, dass etwas Weltbewegendes gegen den Missbrauch von Leiharbeit verabredet worden ist“, sagte er der Stuttgarter Zeitung."

     

    Tja, diese Aussage hätte Wetzel auch im Januar 2013 machen können oder im August eben. Vielleicht überlegt die IGM lieber selbst, was sie tun kann. Mit SPD und Union wird nicht viel daraus werden, behaupte ich mal.

     

    Und €8,50 sind so gering für die West-Länder, das dies dort kaum was bringen wird. Im Osten könnte es absurderweise noch Schaden anrichten.

  • S
    schlipf

    Mich würde interessieren, wie hoch der Mindestlohn in den Rot-Rot-Grünen Koalitionsverhandlungen angesetzt wurde.

  • RS
    Reinhold Schramm

    Mindestlohn-Debatte bereits im Jahr 2005!

     

    Der Arbeitslosenverband Deutschland e.V. forderte u. a. im März 2005:

     

    Mindestlohn für Erwerbstätige: "In Deutschland leben 2 Millionen Erwerbstätige und deren Familien in Armut. Diese Einkommensnot wendend ist ein Mindestlohn in Höhe von ca. 1.700 Euro pro Monat (Brutto; Vollzeit) bzw. 10 Euro pro Stunde (Brutto).

     

    Der Mindestlohn soll einer anwachsenden, unabgesicherten Tagelöhnerei, Gelegenheitsarbeit und Minijobs unter dem existenzsichernden Minimum entgegen wirken. Dem Lohndumping und der zerstörerischen Konkurrenz um niedrige Löhne soll ein Riegel vorgeschoben werden." (Vgl. Quelle)*

     

    Anmerkung: Auf der Basis eines Mindestlohns von 10 Euro-Std. brutto (im März 2005) und einer durchschnittlichen jährlichen Teuerung von nur 1,5 Prozent, ergibt sich ab 2014 ein Mindestlohn in Höhe von 11,42 Euro-Std. brutto. Dementsprechend ein Monatseinkommen von 1.941,40 Euro brutto (in Vollzeit: mtl. 170 Stunden).

     

    * Vgl. ALV-Diskussionspapier vom März 2005. Der Arbeitslosenverband Deutschland e. V. fordert: Statt Hartz IV und Armutsarbeit - Mindesteinkommen und Mindestlohn! (Berlin, 31. März 2005, erarbeitet von Ronald Blaschke; Vertreter des Arbeitslosenverbandes Deutschland e. V. am bundesweiten Runden Tisch der Erwerbslosen- und Sozialhilfeorganisationen.

    http://labournet.de/diskussion/arbeit/realpolitik/kombilohn/mindest_blaschke.pdf

     

    Die untere Grenze für einen flächendeckenden gesetzlichen Mindestlohn in der realen Wohlstands- und Reichtumsgesellschaft der Bundesrepublik Deutschland müsste, ab Januar 2014, bei 11,40 Euro-Std. brutto liegen!

  • F
    Frust

    Gut,dass man auf (mindestens) 8.50 € beharrt. Beharrlich werden stets Mieten erhöht,-Energiekosten erhöht,-... Der Marktradikalismus kennt auch keine Grenzen, wenn es darum geht, die Aktionäre zu füttern und sich die Managergehälter um das 200-fache des Facharbeiters zu erhöhen. Geht es aber um 8.50 schadet das angeblich der Wirtschaft. Da wird auf Teufel- komm- raus,Personal "wegrationalisiert", um die Bezüge in Geschäftsleitung und Management zu erhöhen. Halten diese imaginären Wirtschaftsweisen die Bevölkerung eigentlich für bekloppt! Sollten die Großunternehmer sich nicht auch mal ein bisschen beherrschen und vorbildlich vorangehen? Die stellen sich dar, als ein Wohltätigkeitsverein,der Menschen allein aus Altruismus beschäftigt. Die wollen nur reich werden-,was ja legitim ist; aber dabei sollte man nicht die Relation missbrauchen.Es reicht doch,dass ein "Pfeffersack" mit drei Mäulern frisst,anstatt mit sieben.

  • DJ
    Der JUDE

    Eine schwarze Partei dessen Schwester ziemlich dunkelbraun ist, wird niemals gegen die Nazis mit Krawatten und Anzügen in den eigenen Reihen etwas unternehmen!

    • FS
      Fraga Steller
      @Der JUDE:

      Reden Sie von der Partei Thilp Sarrazzins?