piwik no script img

Milosević gibt sich versöhnlich

■ Rede vor serbischem Parlament: „Die Voraussetzungen für eine friedliche Lösung bestehen“

Belgrad (ap/afp) — Der serbische Präsident Milosević hat am Donnerstag den Krieg für beendet erklärt und die Hoffnung auf eine friedliche Lösung des Konflikts betont. Im feindlichen Nachbarstaat Kroatien kündigte Präsident Tudjman die sofortige Demobilisierung von 20.000 Reservisten an. Der Waffenstillstand war allerdings in der Nacht zum Donnerstag nach kroatischen Angaben durch eine Artilleriebeschießung von Osijek durchbrochen worden.

In seiner Rede vor dem Parlament erwähnte Milosević die Forderung nach Abtrennung der von Serben bewohnten Gebiete in Kroatien nicht und räumte erstmals ein, daß seine Regierung serbische Freischärler mit Waffen versorgt habe. Milosević, der sich einer wachsenden Opposition ausgesetzt sieht, sagte: „Heute könen wir sagen, daß die Agonie unseres Landes weitgehend überwunden ist und die Voraussetzungen für eine friedliche und demokratische Lösung der jugoslawischen Krise bestehen.“ Der Präsident sagte, Serbien habe den in Kroatien lebenden Landsleuten geholfen: „zuerst wirtschaftlich und politisch..., aber schließlich, da sich all dies als unwirksam erwies, mit Waffen“. Er wies aber den Vorwurf zurück, Serbien und die von Serben geführte Bundesarmee seien in Kroatien die Aggressoren gewesen. Die Regierung in Zagreb bezeichnete er als „totalitär und chauvinistisch“. Aufsehen erregte, daß Milosević die Vereinigung Serbiens mit der Republik Montenegro zu einem neuen, kleineren Jugoslawien als „die beste Option“ bezeichnete, in diesem Zusammenhang aber die frühere Forderung nicht erwähnte, dieser Staat müsse auch die vorwiegend von Serben bewohnten Regionen in Kroatien umfassen.

Am Mittwoch hatte sich Serbien bereit erklärt, wieder an der Jugoslawienkonferenz der Europäischen Gemeinschaft teilzunehmen. Milosević sagte nach einem dreistündigen Gespräch mit EG-Unterhändler Carrington, er hoffe, daß die Sanktionen gegen sein Land nun aufgehoben würden. Die EG-Konferenz soll in rund zehn Tagen fortgesetzt werden.

Der neue Präsident der Krajina, Goran Hadzić, bestimmte unterdessen 'Tanjug‘ zufolge Zdravko Zecević zum neuen Regierungschef der serbischen Enklave in Kroatien. Hadzić, der am Mittwoch von dem in Borovo Selo tagenden Krajina-Parlament zum neuen Präsidenten und Nachfolger von Milan Babić gewählt worden war, habe zudem den Umzug des Parlamentes nach Knin angekündigt. Dort tagte bislang immer die Parlamentsfraktion, die Babić die Treue hielt. Wegen seiner ablehnenden Haltung zum UN-Friedensplan war Babić jedoch vor kurzem von der in Glina unter Leitung von Parlamentspräsident Mile Paspalj tagenden Fraktion abgesetzt worden. Babić hatte die als illegal abgelehnt.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen