Milliardenschwere Ölgeschäfte in Uganda: Profit auf Kosten der Natur
Die Firma "Heritage Oil" verkauft ihr Ölgeschäft für eine Milliarde Euro. Zum ersten Mal stieg ein internationaler Großinvestor ein. Die Regierung versucht, Fakten unter Verschluss zu halten.
Die wohl schillerndste Ölfirma der Welt, groß geworden im Zusammenhang mit britischen Söldneraktivitäten in Afrika, streicht durch den Verkauf afrikanischer Ölinteressen einen Milliardengewinn ein.
Die britische Heritage Oil bestätigte gestern den Verkauf ihrer Anteile an zwei Ölfeldern in Uganda an die italienische ENI für 1,35 Milliarden US-Dollar plus weiteren 150 Millionen in bar oder als Anteil, umgerechnet also 1 Milliarde Euro.
Heritage-Chef Tony Buckingham, einst britischer Elitesoldat, Gründer und 33-Prozent-Anteilseigner der Firma, kann nach Presseberichten durch eine zu erwartende Sonderdividende mit einer Ausschüttung von bis zu 84 Millionen Pfund (95 Millionen Euro) rechnen. Er wäre der Erste, der fett an Ugandas Öl verdient – lange vor den Ugandern selber.
Die 1992 gegründete Heritage Oil machte in den 1990er-Jahren Schlagzeilen, als Buckingham südafrikanische Söldner anheuerte, um Förderanlagen in Angola vor Rebellen zu schützen. Im Jahr 2002 erwarb sie eine Ölförderoption auf Kriegsgebiete in der Demokratischen Republik Kongo, was den Krieg dort anheizte.
Ölsuche im Kongo hat bis heute nicht stattgefunden, sondern Heritage bohrt in Uganda sowie unter dem zwischen beiden Ländern geteilten Albertsee. Dafür arbeitet die Firma mit der größeren Tullow Oil zusammen.
Nach einer Reihe spektakulärer Ölfunde werden Ugandas Ölreserven heute auf mehrere Milliarden Barrel geschätzt. Förderbeginn ist 2010. Präsident Yoweri Museveni, seit 1986 an der Macht, will sich deshalb 2011 unbedingt wiederwählen lassen.
Heritage Oil hält 50-Prozent-Anteile an zwei der drei produktivsten Ölförderkonzessionen in Uganda, "Block 1" und "Block 3A" an der Nord- und Südspitze des Albertsees. Auf einer Öltagung in Ugandas Hauptstadt Kampala führte die Firma im September aus, die Prospektion solle ab Jahresende ausgedehnt werden, mit zehn neuen Bohrungen zusätzlich zu den bestehenden 28.
Davon ist das Naturschutzgebiet Murchison Park betroffen, was Ugandas Umweltschützer ärgert. Bei der Tagung, auf der die britische Organisation International Alert eine Studie zu Ölkonflikten in Uganda präsentierte, übte die Verwaltung des Distrikts Amuru scharfe Kritik an Heritage Oil, das die staatliche Verwaltung übergehe und zugesagte Sozialleistungen nicht liefere. "Die Regierung hat eine sehr gute Politik, aber ihre Umsetzung ist sehr minimal", so Amurus Distriktchef Patrick Okello Oryema.
Ugandische Medien kritisieren, dass die Regierung die Verträge mit den Ölfirmen unter Verschluss hält. Am Wochenende veröffentlichten Zeitungen geheime Einzelheiten aus dem Vertrag mit Heritage Oil, wonach Ugandas Staat nicht wie öffentlich behauptet mindestens zwei Drittel der Öleinnahmen bekommen soll, sondern möglicherweise weniger als die Hälfte.
Das und die Aussicht auf eventuelle weitere große Ölfunde machen Ugandas Ölgebiete langfristig äußerst attraktiv. Mit ENI aus Italien steigt jetzt erstmals ein internationaler Großinvestor ein. Heritage kommt mit dem Verkauf an die Italiener seinem Partner und Rivalen Tullow Oil hervor, der sich ebenfalls Hoffnungen auf hohe Profite aus einer Veräußerung an ENI gemacht hatte. Es gilt als möglich, dass Tullow sich jetzt chinesischen Käufern zuwendet.
Das ENI-Geschäft soll 2010 abgeschlossen werden, und Heritage Oil wird nach eigenen Angaben daraus 1 Milliarde Dollar Cash erhalten. Damit will der Konzern seine Aktivitäten in Irakisch-Kurdistan ausbauen, "ein Kerngebiet".
Eine erst im Juni vereinbarte Fusion von Heritage Oil mit der ebenfalls in Irakisch-Kurdistan aktiven türkischen Ölfirma Genel sei nun vom Tisch. Die Ölverträge der Kurden mit ausländischen Investoren sind Iraks Zentralregierung ein Dorn im Auge, die Exporte sind derzeit eingestellt, und die alten Verbindungen zwischen Heritage und Söldnerfirmen könnten sich da noch als nützlich erweisen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Pelicot-Prozess und Rape Culture
Der Vergewaltiger sind wir
++ Nachrichten zum Umsturz in Syrien ++
Baerbock warnt „Assads Folterknechte“
100 Jahre Verkehrsampeln
Wider das gängelnde Rot
Trendvokabel 2024
Gelebte Demutkratie
Rechtsextreme Demo in Friedrichshain
Antifa, da geht noch was
Mord an UnitedHealthcare-CEO
Gewalt erzeugt Gewalt